Warum Tipico, Bwin und Co. bald keinen Spaß mehr an Werbung haben

Ich habe mich für die aktuelle Ausgabe des Fachmagazins SPONSORs intensiv mit der Werberichtlinie zum Glücksspielstaatsvertrag auseinandergesetzt. Denn wenn auch noch nicht klar ist wann, so werden trotzdem irgendwann 20 Unternehmen eine Lizenz für Sportwetten bekommen. Dann muss die Werberichtlinie zum Glücksspielstaatsvertrag beachtet werden. Deswegen bin ich Fragen zur künftigen Praxis bei Sponsoring und TV-Werbung nachgegangen. Weil der Text etwas länger geraten ist, habe ich ihn in zwei Teile aufgeteilt. Hier nun der erste Teil.

In die Zukunft schauen und sich zumindest teilweise auf sie vorbereiten – das geht wirklich, zumindest wenn man von Gesetzen oder Vorschriften weiß, die noch in Kraft treten werden. So ist es auch bei der Werberichtlinie, die konkretisiert, welche Art von Werbung im Sinne des neuen Glücksspielstaatsvertrags erlaubt ist. Wie also zum Beispiel ein Sportwettenanbieter in der Fußballbundesliga werben darf. Dass von dieser Richtlinie bis dato noch wenig die Rede war, liegt an der sich hinziehenden Vergabe von Sportwettenlizenzen: Zwar ist die Richtlinie bereits seit dem 7.12.2012 in Kraft, jedoch gilt sie nur für lizenzierte Anbieter – und da es diese noch nicht gibt, haben Sportwettenanbieter wie Tipico oder Interwetten die Richtlinie noch nicht beachtet.

Das wird sicher jedoch ändern. Auch wenn aktuell nicht klar ist, wann die 20 bundesweit geltenden Lizenzen für Sportwetten vergeben werden, so glauben doch alle, die sich mit dem Thema eingehender beschäftigen, dass es irgendwann dazu kommen wird. Dass die Rechtsstreitigkeiten irgendwann überwunden sind und Lizenzen vergeben werden. Vielleicht noch in diesem Jahr, vielleicht erst 2015.

Dann kommen die Unternehmen, Clubs, Verbände, Vermarkter und Agenturen nicht mehr umhin, sich mit der Werberichtlinie zum Glücksspielsstaatsvertrag auseinanderzusetzen und sich Fragen wie den folgenden zu stellen: Darf ein lizenzierter Sportwettenanbieter Promotion rund um ein Fußballstadion durchführen? Wie bekommt er eine Erlaubnis für das Schalten von TV-Werbung? Und was darf auf keinen Fall auf die Werbebande?

Natürlich darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass laut einiger Rechtsanwälte die Werberichtlinie diverse rechtliche Schwachstellen aufweist. So kritisierte Hendrik Bremer, Glücksspielrechtsexperte bei der Kanzlei Wirtschaftsrat Bremer & Heller, unter anderem das in der Richtlinie enthaltene Verbot der Werbung mit aktiven Sportlern und Funktionären als „willkürlich“. Es sei „nicht nachvollziehbar, warum zum Beispiel Oliver Kahn, Boris Becker oder Katharina Witt werben dürfen, aber andere ehemalige Sportler in Vereinsfunktionen nicht“ (siehe SPONSORs 04/2013). Kurzum: Rechtsstreitigkeiten wegen der Richtlinie sind wahrscheinlich.

Offen bleibt aber gleichfalls die Möglichkeit, es erstmal ohne Gerichte und Klagen zu versuchen. Und sich den Vorschriften der Werberichtlinie zu stellen. Die Richtlinie ist mittlerweile für jedermann einsehbar, jedes Bundesland hat sie veröffentlicht. Sie über das Internet zu finden, ist kinderleicht. Weniger einfach ist, sie zu verstehen. Denn neben Paragrafen und Artikeln mit eindeutiger Aussage gibt es Passagen, die Raum für Interpretationen lassen. Und die Fragen hinsichtlich der konkreten Umsetzung in der Praxis offen lassen. Vor allem um diese Fragen soll es im Folgenden gehen. SPONSORs hat verlässliche Quellen befragt und sich umgehört wie die zuständigen Behörden bezüglich dieser offenen Fragen verfahren wollen.

Dass das Thema eine gewisse Brisanz hat, zeigt sich auch daran, dass die zuständigen Stellen nicht bereit waren, offiziell Auskunft zur Werberichtlinie zu geben. Wohl auch, weil man sich sehr wohl über die rechtlichen Schwächen der Vorschriften im Klaren ist und man nicht durch offizielle Aussagen weitere Angriffsfläche bieten will. Der Vollständigkeit halber auch hier der Hinweis, dass die folgenden Informationen zwar gewissenhaft recherchiert wurden, dieser Text aber nicht als Rechtsberatung verstanden werden darf. Oder wie es bei der Verlesung der wöchentlichen Gewinnzahlen immer so schön heißt: Alle Angaben sind ohne Gewähr.

Frage: Wer ist für die Einhaltung der Werberichtlinie zuständig?

Antwort: Nach § 9a (2) des Glücksspielsstaatsvertrags (GlüStV) ist das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen beziehungsweise das Regierungspräsidium Düsseldorf dafür zuständig, Erlaubnisse für Werbung für Lotterien und Sportwetten im Internet und Fernsehen zu erteilen. In der Praxis prüft die zuständige Stelle in Düsseldorf den Antrag auf eine Werbeerlaubnis, berät den Antragsteller gegebenenfalls und erstellt einen Entwurf für eine Werbeerlaubnis. Über den Entwurf entscheidet dann das Glücksspielkollegium der 16 Bundesländer, das seinen Geschäftssitz in Hessen hat und aus je einem Vertreter eines jeden Landes besteht. Nachdem das Kollegium über den Antrag entschieden hat, erteilt das Regierungspräsidium Düsseldorf entsprechend eine Werbeerlaubnis.

Problematisch kann hierbei sein, dass das Kollegium seine Beschlüsse mit mindestens einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschließen muss. Das heißt: Sowohl eine Ablehnung als auch eine Annahme eines Antrags auf eine Werbeerlaubnis kann durch einzelne Länder blockiert werden. Hier verbirgt sich möglicherweise Konfliktpotenzial und es drohen Verzögerungen.

Insgesamt wurden bereits über 70 Werbeerlaubnisse über den Weg Düsseldorf-Glücksspielkollegium-Düsseldorf erteilt – zum Beispiel für die TV-Werbung des Deutschen Toto- und Lottoblocks. Klagen vor Gericht soll es in diesem Kontext bislang nur wenige gegeben haben.

Zu beachten ist, dass das Land Nordrhein-Westfalen nur für Werbung im Internet und Fernsehen zuständig ist. Für andere Werbung, zum Beispiel im Kino oder Hörfunk, ist jedes Land selbst zuständig. Die Länder wollen sich aber diesbezüglich miteinander abstimmen. Nordrhein-Westfalen ist auch nur für Unternehmen zuständig, die eine bundesweite Lizenz für Sportwetten und Lotterien haben.

Darüberhinaus gibt es neben der glücksspielrechtlichen Zuständigkeit noch weitere Behörden, die durch die Werberichtlinie in ihrer Kontrollfunktion unberührt bleiben: Parallel müssen also auch die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) berücksichtigt werden, des Jugendschutzgesetzes (JuSchG), des Rundfunkstaatsvertrags (RstV), des Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV) und die Werberichtlinien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Landesmedienanstalten.

Frage: Was passiert, wenn ein Lizenznehmer gegen die Werberichtlinie verstößt? Welche Sanktionen sind möglich?

Die Sanktionsmöglichkeiten sind vielfältig. Unter anderem kann die Werbeerlaubnis widerrufen werden. Ständige Verstöße gegen die Richtlinie können zu einer dauerhaften Ablehnung von Anträgen auf eine Werbeerlaubnis führen. Ein Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeiten kann eingeleitet oder eine Ordnungsverfügung erlassen werden, die die Werbung untersagt.

Frage: Darf ein Sportwettenanbieter mit einem Slogan auf einer Werbebande in einem Fußballstadion werben?

Einen Slogan wie beispielsweise „Bwin – die größte Sportwettenarena der Welt“ darf nicht auf einer TV-relevanten Werbebande in einem Fußballstadion platziert werden. Allein „Bwin“ wäre erlaubt. Zwar ist Banden- und Trikotsponsoring laut der Werberichtlinie ausdrücklich zulässig. Jedoch darf auf Trikot oder Bande nach § 12 nur Dachmarkenwerbung platziert werden. Das bedeutet, Bwin oder andere Sportwettenanbieter dürften nur mit ihrem Firmenlogo werben. So wie das Lotto seit Jahren bereits macht. Das schränkt die werblichen Möglichkeiten natürlich gehörig ein.

Frage: Darf ein Sportwettenanbieter Promotion vor und in einem Stadion betreiben mithilfe von Flyern, die darüber informieren, dass auf das anstehende Sportereignis gewettet werden kann?

Die Antwort wird sehr wahrscheinlich „nein“ lauten. Die Gründe dafür können aus § 5 der Werberichtlinie abgeleitet werden. Unter 2. steht dort unter anderem: „Werbung für Sportwetten im Fernsehen unmittelbar vor oder während der Live-Übertragung von Sportereignissen ist nicht zulässig, soweit gerade die Bewettung des konkreten Sportereignisses beworben werden soll.“ Wenn so etwas explizit für TV-Werbung verboten ist, werden das die zuständigen Behörden wohl kaum vor Ort mithilfe von Flyern oder Ähnlichem tolerieren.

Auch Sportvermittlungsstellen an einem Stadion, wie es sie etwa in der österreichischen Bundesliga gibt, werden nicht erlaubt sein.

Zur Begründung werden die schutzbedürftige Integrität des Sports sowie die Gefahr der Spielmanipulation angeführt. Auch diese Einschränkung wird die Sportwettenanbieter wenig freuen, schließlich ist Promotion vor Ort bislang ein beliebtes und praktiziertes Werbemittel.

Teil zwei ist hier zu finden.

(Bildquelle: Rainer Sturm  / pixelio.de)

 

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