Es soll tatsächlich Sportwetten-Konzessionen geben

Ein Update zum Thema Sportwetten: Der Glücksspielstaatsvertrag wird geändert. Das haben die Ministerpräsidenten der Bundesländer beschlossen. Dadurch sollen juristische Probleme behoben und zum 1. Januar 2018 tatsächlich die ersten Konzessionen für Sportwetten-Anbieter vergeben werden. Zumindest ist das der kommunizierte politische Wille.

Rainer Sturm / pixelio.de

Die Ministerpräsidenten der Bundesländer konnten wohl nicht mehr anders: Nach dem Sportwetten-Anbieter Tipico im April hatte Ende Oktober auch Tipwin vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden erfolgreich das Land Hessen zur Erteilung einer Sportwetten-Konzession verklagt. Zudem soll die EU-Kommission kurz davor sein, ein Vertragsverletzungsverfahren durch die EU wegen der weiterhin unionswidrigen Rechtssituation beim Glücksspiel in Deutschland einzuleiten.

Insofern ist der jüngst beschlossene und bereits bei der EU-Kommission zur Notifizierung vorgelegte zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag (2. GlüÄndStV) weniger überraschend als vielleicht anzunehmen ist – auch wenn der Inhalt durchaus Zündstoff hat.

Die viel kritisierte bisherige Begrenzung auf 20 bundesweite Sportwetten-Konzessionen soll ab 2018 wegfallen. Mit Inkrafttreten des 2. GlüÄndStV zum 1. Januar 2018 sollen alle 35 Sportwetten-Anbieter eine Lizenz erhalten, die im 2012 begonnenenBewerbungsverfahren um eine bundesweite Erlaubniskonzession die Mindestvoraussetzungen erfüllen konnten.

Vorläufig jedenfalls, ein weiteres Erlaubnisverfahren soll folgen. Umsetzen wird das nicht mehr Hessen, sondern ein anderes Bundesland. Vermutlich Bayern oder Nordrhein-Westfalen. Zudem muss angemerkt werden, dass die Länder offenbar nicht mitbekommen haben, dass sich mit Tipp3 ein Bewerber bereits wieder aus dem deutschen Markt verabschiedet hat und es somit faktisch wohl eher 34 Anbieter werden, die eine Konzession für Sportwetten entgegennehmen werden. Die Deutsche Sportwetten GmbH, ein Joint-Venture der Deutschen Telekom und dem österreichischen Sportwettenanbieter Tipp3, sollte mit der Marke und Internetseite Tipp3.de für die Telekom ein Stück vom milliardenschweren Sportwetten-Kuchen abbeißen. Dieses Unterfangen ging gründlich in die Hose, nach nur wenigen Monaten wurde der Wettbetrieb auf Tipp3.de aus wirtschaftlichen Gründen wieder eingestellt.
Möglicherweise ein Einzelschicksal, vielleicht aber auch nicht: In Frankreich hatte es ebenfalls die Aufhebung des staatlichen Sportwettenmonopols gegeben, private Anbieter sollten Lizenzen erhalten. Das geschah auch, jedoch zu Bedingungen, die reichlich restriktiv und aus ökonomischer Sicht schwierig für die Anbieter waren. Mehrere Firmen, darunter Unibet, gaben wegen der für sie unvorteilhaften Bestimmungen die Konzession wieder zurück.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Bedingungen in Deutschland langfrstig ebenfalls als zu unattraktiv herausstellen. Aber zurück zur deutschen Gegenwart: Die Ministerpräsidenten beschlossen, weitere Änderungen zu prüfen: Unter anderem wie die Authentifizierung von Spielern im Internet vereinfacht und ob statt eines Einsatzlimits eine Verlustgrenze von 1000 Euro pro Monat eingeführt werden kann. Beide Änderungen würden es den Anbietern leichter machen, mehr Geld zu verdienen.

Sportwetten-Anbieter sind skeptisch

Alles prima also für die Anbieter? Christian Gruber, Geschäftsführer von Tipico Deutschland, kann noch nicht so recht an eine Lizenz zum Jahresbeginn 2018 glauben. Dennoch ist er vorsichtig optimistisch und sagt: „Was die Politik nun vorhat, bringt Bewegung in den Prozess. Das ist schon mal was.“

Ein anderer Vertreter eines Sportwetten-Unternehmens, der namentlich nicht genannt werden will,gehen die Änderungen nicht weit genug. Es gebe neben der Begrenzung auf 20 Konzessionen einige andere Dinge mit vielen offenen Fragen, die einem vernünftigen regulatorischen Rahmen entgegen stünden. Ähnlich sieht es Glücksspielrechtsexperte Christian Mayer von der Kanzlei Noerr, der vorhersagt, dass die Aufhebung der Begrenzung auf 20 Lizenzen die Bedenken der EU-Kommission nicht vertreiben wird. Insbesondere das Rechtfertigungsproblem, dass Online-Casino und -Poker weiter verboten bleiben soll, Sportwetten aber erlaubt, sieht Mayer als strukturellen Knackpunkt.

Erneut drohen Klagen

Noch düsterer bewertet Henrik Bremer von der Kanzlei Wirtschaftsrat Recht das Vorhaben der Länder: „Die Crux ist, dass 35 Anbieter eine Lizenz erhalten sollen, die in einem Verfahren übrigblieben, bei dem es um 20 Konzessionen ging. Andere Anbieter, die sich wegen der Begrenzung niedrige Chancen ausgerechnet und sich deswegen nicht beworben haben oder frühzeitig aufgaben, könnten sich nun benachteiligt fühlen.“

Ergo könnten erneut Klagen gegen die Lizenzvergabe zum 1. Januar 2018 drohen.

Ob es wirklich zu Klagen kommt oder welche sonstigen Folgen sich durch den 2. GlüÄndStV ergeben, ist schwer abzuschätzen. Somit ist auch eher unklar, wie sich die Sportwettenanbieter nach den neuesten politischen Entwicklung im kommenden Jahr verhalten. Die mehrheitliche Devise lautet wohl: „Abwarten und beobachten“.

Tipico-Geschäftsführer Gruber etwa sieht derzeit keinen Impuls, noch mehr ins Marketing zu investieren. Auch die großen britischen Anbieter wie William Hill oder Ladbrokes würden Gruber zufolge nun nicht aggressiv auf den deutschen Markt stürmen. „Die bereiten sich gerade vor, um irgendwann loszulegen – aber nicht zwingend 2017.“

Vielleicht aber 2018. Falls die Länder dann tatsächlich erste Konzessionen vergeben.

T. Kuske

 

Die 35* Sportwetten-Anbieter, die ab 1.1.2018 eine Lizenz erhalten sollen:

(in gefetteter Schrift bzw. die ersten zehn Firmen der Liste: Diejenigen Anbieter, denen im Herbst 2014 durch das Land Hessen eine bundesweite Sportwetten-Konzession in Aussicht gestellt wurde. Wegen Rechtsstreitigkeiten kam es aber bislang zu keiner Vergabe.)

  • Cashpoint (X-Tip)

  • Admiral Sportwetten

  • ODS (Oddset Sportwetten Deutschland)

  • Oddsline Entertainment

  • Primebet International (Betbull)

  • Electra Works (Bwin)

  • Digibet

  • Bet-at-home

  • Ladbrokes International

  • Bet 90

  • Deutsche Sportwetten (Tipp3, Deutsche Telekom)*

  • Personal Exchange International (Mybet)

  • Polco (Betfair)

  • Intermedia

  • Bernd Hobiger Wettbüro Goldesel

  • Ruleo Alpenland (btty)

  • Racebets International Gaming (German Racing)

  • Albers Wettbörsen Deutschland

  • IBA Entertainment (Bet 3000)

  • Star Sportwetten (BGT)

  • Betkick Sportwettenservice (Tiplix)

  • Goldbet Sportwetten

  • ISIK &Top Goal Sportwetten (Bewerbergemeinschaft)

  • World of Sportsbetting (Happybet)

  • Tipico Deutschland

  • Tipwin & Yoobet (Bewerbergemeinschaft)

  • Interwetten

  • Lottomatica

  • Hillside New Media (Bet365)

  • Betclic Everest

  • Victor Chandler International (Betvictor)

  • Betway

  • Stanleybet Deutschland

  • World of Bets Sportwetten

  • Fröhlich Sportwetten

* Faktisch werden es wohl erstmal 34 Anbieter sein, da der Wettbetrieb auf Tipp3.de inzwischen eingestellt wurde.

Diesen Text habe ich in einer gekürzten Version für die Dezember-Ausgabe des Fachmagazins SPONSORs geschrieben.

(Bildquelle: Rainer Sturm / pixelio.de)

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