Transparenz nicht wirklich gefragt beim Sponsoring

Die Reaktionen auf meinen Artikel „Die Sponsoring-Preise der Wintersportler“, der beim Sportbusinessmagazin Sponsors veröffentlicht wurde, waren recht ungewöhnlich. Denn normalerweise hält sich die Sportbusinessbranche mit Feedback zurück. Was nicht heißen soll, dass die Artikel nicht gelesen werden, denn das ist den Zugriffszahlen zufolge sehr wohl der Fall. Rückmeldungen zu einem Artikel kommen höchstens mal, wenn trotz aller Prüfungen ein faktischer Fehler in den Text gerutscht ist. Beim Wintersportler-Sponsoring-Artikel war dem nicht so. Dieser Text passte jemanden so gar nicht in den Kram. Was wiederum ein paar Rückschlüsse ermöglicht.

Jorma Bork_pixelio_deTatsächlich hatte ich bereits vor der Veröffentlichung des Artikels mit Reaktionen gerechnet. Schließlich war es mir bei der Recherche gelungen, bislang unbekannte Infos auszubuddeln (was natürlich der Normalfall bei einer Recherche ist oder sein sollte), die nicht ohne Grund bisher unbekannt, weil unveröffentlicht waren. Bei diesem Artikel lautete der Grund, dass einige Vertreter der Sportbusinessbranche die Veröffentlichung der Infos, um die es in dem Artikel im Kern ging, nicht wollten: Also die Preise, die die einzelnen Wintersportler in Deutschland für die Werbeflächen auf ihrer Ausrüstung aufrufen, die sie selbst und zumeist mithilfe eines Beraters vermarkten dürfen. Was also zum Beispiel ein Athlet wie der nordische Kombinierer Eric Frenzel für einen Schriftzug auf seiner Stirn beziehungsweise auf seinem Helm oder Mütze von einem Sponsor verlangen kann.

Von den Preisen lässt sich zudem ableiten, welche Flächen und welche Wintersportarten die attraktivsten für Sponsoren sind: Die Kopffläche ist bei allen Wintersportarten die teuerste. Der Rest hängt von den Erfolgen und dem Zuschauerzuspruch ab. Wobei manche Sportarten wie Bob oder Skeleton preislich sehr klar hinter Ski Alpin, Skispringen, Biathlon und auch Nordische Kombination einzuordnen sind.

Schwierige Recherche

Dass es recht ambitioniert ist, die Preise der individual vermarkteten Sponsoringflächen im Wintersport zu recherchieren, war von Beginn an klar. Denn im Gegensatz zu anderen Sponsoringpreisen, war dazu zuvor kaum etwas zu lesen. Weder in irgendwelchen Sachbüchern zum Thema Sponsoring, noch in Medienberichten. Es soll mal vor Jahren einen Artikel mit den Sponsoring-Preisen der Wintersportler in der FAZ gegeben haben, was mir aber erst nach der Veröffentlichung meines Artikels zugetragen wurde und was ich auch nicht verifizieren konnte.

In den Profiligen der Sportarten Fußball, Handball, Eishockey und Basketball gibt es immer wieder Medienberichte über einen neuen Sponsor bei Club XY oder über eine Werbepartnerschaft mit einem aktiven Sportler als Testimonial für irgendein Unternehmen inklusive der Nennung der Summen und Laufzeiten. Und auch zusammen mit den für die Summen erbrachten Gegenleistungen (also zum Beispiel Präsenz auf Werbebande, Trikot, Homepage oder Aktivierungsmaßnahmen in sozialen Medien). Zu den Sponsoren der Wintersportler hingegen gab es so gut wie nix. Kaum ein Bericht konnte zumindest einen Ansatzpunkt liefern, in welchen Größenordnungen sich die Preise der Wintersportler bewegen.

Wie also an die Sponsoringsummen kommen? Mit null Vorwissen war es nicht ratsam, weil so gut wie überhaupt nicht erfolgversprechend, einfach mal auf gut Glück einem Marketingverantwortlichen eines im Wintersport werbenden Unternehmens wie zum Beispiel Viessmann eine Sponsoringsumme an den Kopf zu werfen und zu fragen, ob sie stimmt und dann zumindest anhand der Reaktion eine Antwort herauszulesen. Wenn schon keine direkte Antwort kommt, dann liefert vielleicht ein unabsichtlich hingestammelter Halbsatz oder Versprecher einen Hinweis, ob man ansatzweise richtig liegt.

Für so ein Vorgehen muss man aber zumindest von irgendeiner Summe Kenntnis haben. Und wenn es die Summe ist, die der Vorgänger, also das Unternehmen, das zuvor die Sponsoringfläche besetzt hatte. Oder die Summe von einem vergleichbaren Sponsoringpaket beim gleichen Club zum Beispiel oder beim ähnlich einzuordnenden Konkurrenten. Als Beispiel: Wenn man weiß, was Sponsor A bei einem bestimmten Club für die Präsenz auf der TV-relevanten Bande bezahlt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass Sponsor B für die gleiche Präsenz auf der TV-relevanten Bande die gleiche Summe zahlt. Zur Not kann im persönlichen Gespräche auch mal was über die Körpersprache des gegenüber stehenden Marketingverantwortlichen abgelesen werden.

Daneben gibt es weitere Möglichkeiten, um an bestimmte, der Öffentlichkeit bis dahin nicht bekannte Sponsoringsummen zu gelangen. Letztlich gibt es verschiedene Möglichkeiten etwas zu recherchieren, die in umfangreichen Sachbüchern zum Thema Recherche ausführlicher ausgeführt werden. Dass es dann doch eine Reihe von Möglichkeiten gibt, an Informationen zu gelangen, die aus der Sicht bestimmter Personen, nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen, scheint allerdings nicht jedem bekannt zu sein.

Anders ist es kaum erklärbar, warum mich ein Anruf nach Veröffentlichung des Artikels erreichte, bei dem Anrufer (dessen Name und Funktion aus Gründen des Quellschutzes hier nicht genannt wird) überaus verärgert war. Und vor allem besorgt. Denn der Anrufer wurde von seinen Geschäftspartnern beschuldigt, er habe mir Sponsoring-Preise von bestimmten Wintersportlern genannt. Was er auf Verlangen des Geschäftspartners nicht tun sollte. Letztlich war die Grundaussage des Anrufs folgende: Der Artikel bei Sponsors habe ihn in Teufels Küche gebracht, seine sehr wichtigen Geschäftspartner seien nun böse mit ihm und er sorge sich um seine berufliche Zukunft, da eine Fortführung der Geschäftsbeziehung ungewiss sei. Hätte der Anrufer geahnt, dass der Artikel solche Folgen hat, hätte er nie mit mir gesprochen. Beschwichtigungen und Versicherungen, dass er hinsichtlich der Sponsoring-Preise absolut verschwiegen gewesen war, seien wirkungslos bei seinen Geschäftspartnern verpufft.

Letztlich ist das natürlich etwas, was man als Journalist nicht möchte: Jemanden, der nichts falsch gemacht hat, Ungemach mit einem Artikel bescheren. Denn der Anrufer hatte tatsächlich nichts, aber auch rein gar nichts hinsichtlich der Sponsoring-Preise kommuniziert. Trotz diverser Versuche meinerseits. Dennoch kann man als Journalist aber natürlich auch keine Rücksicht darauf nehmen, dass der Inhalt eines Artikels irgendjemanden nicht gefällt. Schließlich ist der Job eines Journalisten zu berichten, was ist. Und nicht, was irgendwer gern lesen möchte. Letzteres ist dann eher PR.

Transparente Summen könnten der Branche helfen

Interessant an diesem Anruf (und auch am zweiten mit ähnlichem Inhalt) war, dass dem Anrufer, der sich unberechtigter Anschuldigungen seitens seiner Geschäftspartner erwehren musste, nicht selbst folgender Gedanke kam: Gut scheint es um das Verhältnis mit dem besagten Geschäftspartner nicht zu stehen. Ansonsten wäre dieser erstens und bestenfalls gar nicht auf die Idee gekommen, dass der Anrufer die Sponsoring-Preise wider der Absprache weitergegeben hat. Und zweitens hätte er ihm sonst ohne Zögern geglaubt, als der Anrufer den Beschuldigungen widersprach.

Dass um die Sponsoring-Preise so eine Geheimniskrämerei gemacht wird, kann man kritisieren. Denn letztlich würde es dem Sportbusiness helfen, wenn die Summen bekannt und für jeden einsehbar wären. Dann wäre jedem Unternehmen, dass sich als Sponsor eines Wintersportlers (bei den Sommersportarten ist es natürlich nichts anderes!) engagieren will, bekannt, was es für bestimmte Werbeinhalte zahlen muss. Man könnte wie bei so manch anderen Werbeformen wie etwa Out-of-home eine Art Börse einrichten, über die freie Sponsoringflächen angeboten werden. Mit Preis und Gegenleistungen. Kein Unternehmen müsste dadurch befürchten, bei seinen Sponsoring-Engagements von geschickten Vermarktern oder Beratern der Sportler übervorteilt zu werden.

Es gibt sicher noch weit mehr Vorteile, die eine Transparenz der Sponsoring-Preise hätte. Zum Beispiel würden Nachwuchssportler sehen, dass es sich auch in einer Sportart abseits des Fußballs sehr wohl lohnen kann, erfolgreich zu sein. Auch wenn man, um ausgesorgt zu haben nach der Karriere, zumeist sehr erfolgreich sein muss. Und in (zu) vielen Sportarten wie zum Beispiel Skeleton oder Rodeln es heutzutage (noch) unmöglich ist, ausgesorgt zu haben.

In der Fußball-Bundesliga hat es früher mal Clubs gegeben, die auf ihrer Homepage Listenpreise für bestimmte Sponsoring-Pakete öffentlich einsehbar online gestellt hatten. Wie schon geschrieben, gibt es bei anderen Werbeformen auch kein Problem damit, dass die Listenpreise für einzelne Werbepakete veröffentlicht werden. So etwa bei der TV-Werbung: Zum Beispiel sind die Preise für Werbespots im TV-Programm der ARD hier für jedermann einsehbar. So weiß jeder potenzielle Werbepartner, was er mindestens zahlen muss. Ein derartiges System für die Sponsoring-Preise der Wintersportler (und am besten auch für die Sportler der olympischen Sommersportarten) angewandt, würde auch nicht verhindern, dass einzelne, außergewöhnlich erfolgreiche und damit sehr gefragte Sportler noch bessere Preise erzielen als die öffentlich ausgewiesenen Listenpreise. Denn sollte es mehr nachfragende Sponsoren als Sponsoringflächen geben, kann man ja dennoch ein Wettbieten veranstalten.

(Foto: Jorma Bork  / pixelio.de)

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