Die Sponsoring-Preise der Wintersportler

Deutsche Wintersportler stehen seit Jahren in der Gunst der TV-Zuschauer weit oben. Unternehmen können von dieser Beliebtheit profitieren, indem sie als persönliche Sponsoren der jeweiligen Athleten werblich präsent sind. Ein Überblick, welche Flächen bei der Individualvermarktung den Wintersportlern zur Verfügung stehen und welche davon die attraktivsten und bestbezahlten Flächen sind.

Man stelle sich vor, der Marketingverantwortliche eines Unternehmens hat keine Ahnung vom Wintersport und der dortigen Vermarktungspraxis, bekommt aber von seinem Chef den folgenden Auftrag: „Prüfen Sie, ob ein Sponsoring-Engagement bei einem Athleten in diesen Schneesportarten für unsere Firma Sinn macht“. Einfach ist diese Aufgabe nicht: Es gilt nämlich viele Aspekte zu beachten. Zuallererst ist die Unterscheidung zwischen Zentral- und Indvidual-Sponsoren wichtig. Denn dabei geht es auch um die Frage, welche Flächen auf der Ausrüstung und der Kleidung der Sportler von wem vermarktet werden. Aus den Werberichtlinien jedes Sportverbands geht hervor, welche Flächen die Athleten mit den Logos ihrer eigenen, direkt an sie zahlenden Sponsoren bekleben dürfen und welche Flächen den Sponsoren des einzelnen Events, des internationalen Verbandes und des nationalen Verbandes, dem der jeweilige Athleten angehört, vorbehalten sind – also den Zentralsponsoren.

Auch bei der Anzahl an individuell zu vermarktenden Flächen gibt es zwischen den Wintersportarten mitunter große Unterschiede. Zur Vereinfachung wird in diesem Artikel nur auf die Regelungen für Wintersportler aus Deutschland und nicht beispielsweise auch die aus Österreich eingegangen. Die Ausrüster nicht eingerechnet, haben etwa die deutschen Biathleten fünf Flächen (Kopfvorderseite, Kopfseite sowie am Gewehr am Hinterschaft, Diopter und Brustriemen) für persönliche Sponsoren zur Verfügung. Ein Ski Alpiner oder Skilangläufer hingegen muss sich mit dem Kopf als der einzigen Fläche für eigene Sponsoren begnügen. Beim Skispringen und der Nordischen Kombination gibt es zu der Kopffläche immerhin noch auf dem Sprungski Platz zur individuellen Vermarktung.

Komplizierter und kleinteiliger wird es bei den Sportarten des Bob- und Schlittenverbands für Deutschland (BSD): Rodeln, Bobfahren und Skeleton. Über acht Seiten lang sind beispielsweise die Werberichtlinien beim Bobfahren mit Grafiken von den erlaubten Sponsoringflächen. Im Gegensatz zu Biathlon, Skispringen oder Ski Alpin gibt es bei den BSD-Sportarten keine Flächen zur Individualvermarktung am Helm – mit der Ausnahme von einer 15 Millimeter kleinen Fläche an der Hinterseite des Rennrodler-Helms. Dafür können die BSD-Sportler die Vorderseiten auf ihren Mützen oder Stirnbändern unmittelbar nach einem Rennen mit eigenen Sponsoren belegen. Zumindest die Bobfahrer haben zudem noch diverse Flächen auf ihrem Bob. Die Rennrodler müssen sich mit einer kleinen Fläche an der Seite ihres Sportgeräts sowie mit dreien auf der Unterseite zufrieden stellen. Beim Skeleton gibt es überhaupt keine Flächen zur Individualvermarktung am Sportgerät.

Große Unterschiede bei Sichtbarkeit und Werbeumfeld

Die verschiedene Anzahl und unterschiedlichen Platzierungen haben natürlich Auswirkungen auf die Attraktivität der individuell zu vermarktenden Sponsoringflächen. Schaut man sich einen komplett vermarkteten Biathleten an, mag er auf einige Betrachter vor allem im Vergleich zu einem Ski Alpinen oder Skilangläufer fast wie eine zugekleisterte Litfaßsäule aussehen.Bekanntheit Wintersportler Topfünf Das Risiko, dass die Zuschauer von den vielen Reizen abgelenkt werden, ist beim Biathlon damit deutlich höher als beim Ski Alpin, Skilanglauf und auch der Nordischen Kombination. Im Umkehrschluss kann zum Beispiel ein Skifahrer oder dessen Vermarkter bei potenziellen Sponsoren mit einer höheren Exklusivität werben: Zwar sind die Zentralsponsoren von Verband und Wettkampfveranstalter ebenfalls gut präsent auf dem Skifahrer (auf Armen, Oberschenkeln und Brust), dennoch ist das im Vergleich zum Biathlon eine klar geringere Anzahl an Werbereizen.

Hinsichtlich der Platzierung der Sponsoringflächen ist zu beachten, wie sehr beziehungsweise wie oft die einzelne Fläche von den Zuschauern und damit von den potenziellen Werbeadressaten zu sehen ist: So sind zum Beispiel die Flächen auf dem Gewehr eines Biathleten nur beim Schießen richtig im Bild, dann aber des Öfteren mit für die Sponsoren wertvollen Nahaufnahmen. Beim Laufen allerdings sind die Gewehre auf den Rücken der Athleten geschnallt und damit sind zwar die Logos auf den Brustriemen gut zu sehen, die direkt auf dem Gewehr platzierten Sponsoren jedoch so gut wie gar nicht.

Des Weiteren wird die Sichtbarkeit über die gesamte Saison hinweg und damit die Attraktivität der Werbeflächen massiv von der Anzahl der Wettkämpfe beeinflusst: Haben die Biathleten, die bei allen Weltcups dabei sind, jede Saison zwischen 30 und 36 Rennen, sind es für einen Skifahrer in den technischen Disziplinen oft nur 15 bis 20 Starts pro Saison. Das liegt auch daran, dass Skifahrer meist keine Generalisten mehr sein können anders als etwa beim Biathlon. „Skifahrer müssen heutzutage Spezialisten sein und starten meistens nur im Slalom und Riesenslalom oder in den Speed-Disziplinen“, sagt Florian Sosna, Geschäftsführer der Agentur Smartsponsoring. „Dadurch sind sie aber auch weniger in den Medien zu sehen – und somit haben auch ihre Sponsoren geringere Sichtbarkeiten als beispielsweise Biathleten.“

Wichtig für viele Sponsoren ist zudem, in welchen Ländern die jeweiligen Wettbewerbe gezeigt werden. Und wie viele Menschen dabei zuschauen. „Ski Alpin ist hinsichtlich der Zielmärkte wesentlich globaler aufgestellt als zum Beispiel Biathlon“, sagt Stephan Peplies von der Unternehmens- und Athletenberatung Peplies Consult. „Biathlon ist zwar stark in Deutschland, in anderen Ländern wie etwa den USA läuft es aber eher bescheiden. Und Ski Alpin ist wiederum globaler aufgestellt, kommt viel besser in Nordamerika an und auch in Italien, der Schweiz oder Österreich.“

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Sichtbarkeit im TV bestimmt den Preis

Wie oft, wie groß und wie lang die einzelne Sponsoringfläche in den Medien zu sehen ist, lässt sich von den entsprechenden Analysten natürlich genau messen – und diese Werte der Sichtbarkeit sind auch bei der Individualvermarktung noch immer ein entscheidender Faktor. Danach richtet sich wie hoch die einzelnen Flächen bepreist werden. Beim Biathlon ist aufgrund der „Label-on-screen-Werte“, wie es Vermarkter Peplies nennt, die Kopfvorderseite die teuerste, individual zu vermarktende Sponsoringfläche. Welche Beträge der einzelne Athlet konkret für die jeweiligen Sponsoringflächen verlangt, hängt dann neben seinen sportlichen Erfolgen nachvollziehbarerweise zum Teil stark von der Nachfrage ab: „Ich habe es selbst bei einer Athletin schon erlebt, dass plötzlich vier Unternehmen unbedingt auf die gleiche Fläche wollten. Dann gibt es natürlich schnell mal Ausreißer nach oben im Vergleich zu den sonst üblichen Preisen“, sagt Peplies.

Die zahlreichen Gespräche, die mit den Vermarktern im Wintersport im Zuge dieses Artikel geführt wurden, ermöglichten die Kenntnis von der konkreten Vergütung bei einzelnen Sponsoringverträgen sowie eine Kalkulation zu den Preisen, die aktuell durchschnittlich von Top-Wintersportlern aufgerufen werden können (siehe Grafiken). Wobei mit Top-Wintersportlern die Athleten gemeint sind, die im Weltcup, bei Weltmeisterschaften und bei den Olympischen Spielen regelmäßig auf den Plätzen 1 bis 15 landen und es immer mal wieder aufs Podium schaffen.

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Je nachdem wie groß der sportliche Erfolg zum Beispiel eines Biathleten ist, kann er im Durchschnitt für die Sponsoringfläche auf der Kopfvorderseite 60 000 Euro bis 80 000 Euro ansetzen. Bei Spitzenathleten wie es aus deutscher Sicht zuletzt beispielsweise Laura Dahlmeier oder Magdalena Neuner waren, kann es aber schnell über die 100 000 Euro bis hin zu 200 000 Euro gehen.

Beim Ski Alpin erzielen Top-Fahrer im Schnitt 100 000 Euro bis 200 000 Euro für die Fläche am Kopf. Im Langlauf können die besten deutschen Athleten auch wegen geringerem sportlichem Erfolg im Schnitt nur rund 40 000 Euro für die Sponsoringfläche am Kopf verlangen und wenn es gut läuft, immerhin bis zu 70 000 Euro.

Auch weil deutsche Sportfans erfolgreichen Athleten aus Deutschland besonders gern zuschauen, erzielen Top-Skispringer für die Kopffläche durchschnittlich nur etwas weniger als die Fahrer aus dem Ski Alpin und für die Werbefläche auf dem Ski rund 50 000 Euro bis 100 000 Euro. Bei anhaltenden sportlichen Erfolgen wie es zum Beispiel vor Jahren bei Sven Hannawald oder Martin Schmidt der Fall war, sollen aber gerade bei Skispringern schnell Ausreißer nach oben bei ihren individuellen Sponsoringeinnahmen möglich sein.Äußerst erfolgreich waren in den vergangenen Jahren auch die deutschen Nordischen Kombinierer wie vor allem Eric Frenzel. Das macht sich nicht nur bei den Bekanntheits- und Beliebtheitswerten in der deutschen Gesamtbevölkerung bemerkbar (siehe Grafik oben). Auch bei den Preisen, die deutsche Top-Kombinierer im Durchschnitt verlangen können, haben die starken sportlichen Erfolge Spuren hinterlassen – im positiven Sinne: 80 000 Euro bis 150 000 Euro kann für die Fläche auf dem Kopf im Schnitt aufgerufen werden. Und für die Fläche auf dem Ski, mit dem die Kombinierer von den Schanzen springen, sind es durchschnittlich 40 000 Euro bis 60 000 Euro. Wobei es auch schon Ausreißer nach oben bis zu 100 000 Euro gegeben hat.

Einige Wintersportarten haben es schwer

Skeleton ist im Vergleich zu den bisher genannten Sportarten weit abgeschlagen, was die Sponsoringeinnahmen betrifft. Verwundern kann das nicht: Relativ wenige Zuschauer an der Strecke bei Wettkämpfen und eine geringere Medienpräsenz im Vergleich sorgen für Einnahmen, die laut Insidern in etwa um den Faktor zehn von denen im Biathlon, Ski Alpin oder Skispringen abweichen. Ähnlich oder noch weniger dürfte es bei Wintersportarten wie Ski Cross, Freestyle, Freeski oder Snowboarden sein.

Überraschender sind da schon auf den ersten Blick die Sponsoring-Einnahmen beim Bobfahren und Rennrodeln, die im Durchschnitt zwar nicht so viel niedrig sind wie beim Skeleton, aber dennoch klar unter den Beträgen liegen, die beim Ski Alpin, Biathlon oder der Nordischen Kombination üblich sind. Ein Team eines Vierer-Bobs kann sich glücklich schätzen, wenn alle individuell vermarkteten Flächen zusammen einen niedrigen sechsstelligen Betrag ergeben. Top-Rennrodler sollen im Schnitt für die beste Fläche – also auf der Mütze nach dem Rennen – nur 20 000 Euro bis 40 000 Euro pro Saison aufrufen. Und das, obwohl die deutschen Bobfahrer und Rennrodler seit vielen Jahren sehr erfolgreich sind und auch hohe TV-Quoten vorweisen können: In der vergangenen Wintersportsaison 2018/19 hatten die 88 TV-Übertragungen von Rennrodel-und-Bob-Wettkämpfen immerhin einen durchschnittlichen Marktanteil bei den Zuschauern ab drei Jahren von 15,6 Prozent (ARD) und 16,4 Prozent (ZDF), was im Schnitt eine Einschaltquote von 1,71 Millionen Zuschauern bei der ARD waren und 2,35 Millionen Zuschauern beim ZDF (siehe Tabelle „Top-Quoten nach Wintersportarten 2018/19“).

Quoten Wintersport ARD ZDFBobvermarktungsexperten Jens Roß, Inhaber der Agentur JR Sports, ist der Meinung, dass Bobsport und Rennrodeln weniger Sponsoringeinnahmen generieren, weil unter anderem die beiden Sportarten vergleichsweise schwer für den Zuschauer nachzuvollziehen sind. „Live an der Strecke, fahren die Athleten so schnell am Zuschauer vorbei, dass sie kaum etwas mitbekommen. Und auch im Fernsehen ist es schwer, den Zuschauern die Faszination des Sports zu vermitteln. Was zum Beispiel macht der Bob-Pilot an den Lenkseilen?“ Häufig seien es grobe Fahrfehler oder sogar Stürze, die für spektakuläre Hingucker sorgen. Letztlich müssten die internationalen Sportverbände weniger träge sein und den Sport zugunsten der Zuschauer attraktiver machen, meint Roß. „Aber klar, so etwas kostet natürlich auch Geld, über das die Verbände vielleicht nicht im nötigen Maß verfügen.“

Kostspielig für die Individualvermarktung ist auch der Aspekt Branchenexklusivität: Denn diese wird den Zentralsponsoren des DSV und des BSD eingeräumt. Die Einnahmen aus den zentral vermarkteten Flächen fließen in aller Regel nur zu einem Bruchteil, wenn überhaupt, an die Athleten. Zumeist wird dieser Bruchteil mittels eines Verteilungsschlüssels erfolgsabhängig ausgeschüttet. Der Großteil dieser zentralen Sponsoringgelder wird für die Ausrichtung der Wettbewerbe verwendet oder die Verbandsarbeit mitsamt Nachwuchsarbeit oder Bezahlung der Trainer und Trainingsstätten.

Die eingeräumte Branchenexklusivität kann zum kostspieligen Problem für die Individualvermarktung werden, da dadurch hochattraktive Branchen wegfallen können, wie das Beispiel DKB zeigt: Weil das Finanzunternehmen sogenannter Teampartner der deutschen Biathleten ist, können die einzelnen Athleten keine Partnerschaften mit anderen Banken eingehen. Vermarkter Sosna sagt dazu: „Klar, könnte ohne die Branchenexklusivität mehr bei der Individualvermarktung verdient werden. Aber die Verbandssponsoren leisten durch ihre finanzielle Unterstützung einen wichtigen Beitrag, von dem auch die Spitzensportler in der Vergangenheit profitiert haben und sich so zu Weltklasse-Athleten entwickeln konnten.“ Insofern sei eine Branchenexklusivität „zumindest bei den Top-Sponsoren nachvollziehbar“.

Letztlich bedeutet die Praxis der Branchenexklusivität, dass eine Reihe von Unternehmen dem Wintersport als Sponsoren fernbleiben – einfach, weil ein Branchenkonkurrent über Jahre als Zentralsponsor des DSV oder BSD auf seine Exklusivität pocht. Die eingeschränkte Anzahl an möglichen Sponsoren macht die Individualvermarktung nicht einfacher. Dabei ist es ohnehin in den vergangenen Jahren nicht leicht, wie Walter Vogel, Geschäftsführer DSV Marketing, berichtet: „Es ist schwieriger geworden mit der Vermarktung. Viele Unternehmen achten mehr darauf, was die Ausgaben im Marketing einbringen. Kurz mal ein TV-Branding bei einem Sportler einzugehen, gibt es nicht mehr so oft.“ Sosna hat beobachtet, dass viele Unternehmen „ihre Budgets zeitweise mehr ins Digitale geschiftet haben.“ Für Sponsoring fehle dann manchmal das Geld. Wobei viele Wintersportler in den sozialen Medien bereits sehr aktiv seien und sich durch gute Konzepte ein klassisches Testimonial-Sponsoring gewinnbringend und erfolgreich in die digitalen Kanäle verlängern lasse.

Obwohl es nach Aussagen der Vermarkter schwieriger geworden ist, gute Sponsoringdeals abzuschließen, sagen viele auch, dass es bis jetzt keine größeren Schwankungen bei den Sponsoring-Einnahmen gegeben hat. „Der Trend ist die Konstanz“, sagt stellvertretend Jörg Heger, Geschäftsführer der Agentur Triceps. Erfolge in der Athletenvermarktung seien aber stark abhängig vom sportlichen Erfolg. „Gäbe es einen Top-Skilangläufer in Deutschland, der es regelmäßig aufs Podest schafft, wäre der super zu vermarkten. Ähnlich wie es schon bei den erfolgreichen Biathleten oder Skispringern gelingt.“

(Diesen Text habe ich für das Sportbusinessfachmagazin SPONSORs geschrieben, der dort in leicht modifiziert veröffentlicht wurde.)

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