Rummenigge mag keine Bullen-Brause

Der Vorstandsvorsitzende der FC Bayern München AG, Karl-Heinz Rummenigge, hat sich zu einer etwas undurchdachten Aussage hinreißen lassen: RB Leipzig sei mittelfristig ein Problemfall für die Deutsche Fußball Liga (DFL). Nun, eigentlich beschäftigt sich die DFL schon länger eingehend mit den Statuten des Klubs – und hätte schon längst eingreifen müssen, wenn sie es denn gewollt oder gekonnt hätte. 

Rummenigge meinte gegenüber einem seiner Lieblingsblätter, der „Sport Bild“, das Konzept des Drittligisten sei anders zu bewerten als das der Werksklubs VfL Wolfsburg und Bayer 04 Leverkusen. Es gebe bisher „nur die Lex Leverkusen und die Lex Wolfsburg, die von der 50+1-Regelung ausgeschlossen sind, weil dies eine über Jahrzehnte gewachsene Verbindung ist. Die dritte Lex mit Leipzig und dem dahinterstehenden Konzern Red Bull würde der DFL gewisse Bauchschmerzen bereiten“, sagte Rummenigge.

Zudem lobte er das Engagement von Dietmar Hopp bei der TSG 1899 Hoffenheim: „Was wäre denn im Südwesten der Republik los, wenn es in Hoffenheim keinen Hopp gäbe? Ich kritisiere das nicht, sondern bin eher bereit, solchen Förderern auch Beifall zu klatschen.“

Red Bull = Gegenmittel für „soccer drain“

Hier muss eingehakt werden: Dieses Argument lässt sich genauso gut auf Leipzig und sogar das gesamte Ostdeutschland übertragen. Seit Jahren tut sich der Osten ungeheuer schwer, sich im Profifußball zu behaupten. Das Rumkrebsen fing mit der Wende an, als viele Strukturen bei Vereinen wie Dynamo Dresden zerbrachen und reiche Westklubs die besten Spieler wegkauften. In der Wirtschaft nennt man so etwas „brain drain“. Im Fußball sollte man vielleicht über den Begriff „soccer drain“ nachdenken.

RB Leipzig könnte das Gegenmittel sein. Schon jetzt zieht der neureiche Klub die besten Talente aus Ostdeutschland zusammen und bietet ihnen eine vorbildliche Infrastruktur und Entwicklungsmöglichkeiten. Die Konkurrenz, die sich vor allem in Leipzig gegenseitig selbst aufgerieben hat, schaut staunend und neidisch zu. Ohne Red Bull würde das WM-Stadion in Leipzig weiter vor sich hingammeln und ein Klub mit Avancen und Potenzial für ganz oben, vielleicht bald sogar für die europäischen Wettbewerbe, wäre weiter nicht in Sicht. Also Herr Rummenigge: Was wäre denn in Leipzig und größerer Umgebung los, wenn es nicht Red Bull gäbe?

DFL-Chef Seifert: „Wir brauchen finanziell gut ausgestatte Spitzenklubs“

Dazu passt im Übrigen eine Aussage vom Geschäftsführer der DFL, Christian Seifert, der sich laut des Magazins „Sponsors“ bei der Vorstellung des aktuellen Bundesligareports zu den wirtschaftlichen Kennziffern der 1. und 2. Bundesliga wie folgt äußerte: „Die Premier League wird die finanziellen Möglichkeiten haben, jeden deutschen Club bis auf den FC Bayern München leer zu kaufen. Deutschland braucht deshalb finanziell gut ausgestattete Spitzenklubs.“ Zwar hat sich Seifert damit nicht direkt auf RB Leipzig bezogen, dennoch wird der Klub des österreichischen Energydrink-Herstellers genau das sein: Ein finanziell gut ausgestatteter Spitzenklub, der der Bundesliga helfen wird, gegen die von Pay-TV-Geldern vollgepumpten Klubs der englischen Premier League zu bestehen. Auch wenn das Modell von RB Leipzig als Marketingtool von Red Bull Würgereize bei Traditionalisten und Ultras auslöst.

Ebenso wenig durchdacht erscheinen die Aussagen Rummenigges hinsichtlich des Punktes, dass die DFL sich spätenstens mit RB Leipzig beschäftigen müsse, wenn der Aufstieg in die 2. Liga geschafft ist. Nunja. Dann dürfte es ja wohl zu spät sein und das Kind im Brunnen. Zudem hat sich die DFL bereits längst mit dem Modell und der Satzung auseinandergesetzt. Als 2009 beim Sächsischen Fußballverband die Lizenz erteilt wurde, haben auch der DFB und die DFL beide Augen zugedrückt. Und nichts gegen das an Red Bull erinnernde Vereinswappen und die Satzung unternommen, die ermöglicht, dass nur Red-Bull-Gesandte die Vereinsgremien bestücken.

Fragt sich, warum Rummenigge, der das alles wissen müsste, nun solche Aussagen tätigt. Stimmungsmache? Augenwischerei? Meiner Informationen nach verhandeln DFB und DFL momentan nur noch darum, wie die Vereinssatzung so geändert werden kann, dass sie nicht mehr ganz so offensichtlich gegen den Geist der 50+1-Regel verstößt. Dazu, dass RB keine DFL-Lizenz bekommt, wird es nicht kommen.

RB Leipzig hat einfach auch die besseren Karten: Die Bestimmungen zu 50+1 müssen seit Jahren kräftig überarbeitet werden, kritisierien Juristen. In der derzeitigen Fassung gibt es für die Spitzenanwälte des Leipziger Vereins einfach zu viele Schlupflöcher. Das einzige Problem, dass ich für die DFL sehen kann, ist daher: Wie schafft es die DFL, es nicht völlig offensichtlich werden zu lassen, dass die 50+1-Regel zu einer Farce verkommen ist und sie das Thema viel zu lange haben schleifen lassen. Andreas Rettig von der DFL hatte sich erst kürzlich dazu beim Fankongress in Berlin geäußert. Man darf gespannt sein.

(Bildquelle: FC Bayern München)

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