Splitter vom Fankongress in Berlin – Teil 1

Ich war am Samstag beim Fankongress 2014, der unter dem Motto „Fanfreundliches Stadionerlebnis: Wie Fans den Fußball wollen“ stand und von den Faninitiativen Unsere Kurve und Pro Fans organisiert wurde. Dass das Ganze eine durchaus ernst zu nehmende Veranstaltung war, zeigte sich auch durch den Besuch von Andreas Rettig (Geschäftsführer Spielbetrieb DFL), Hendrik Große-Lefert (Sicherheitsbeauftragter DFB) und Helmut Sandrock (Generalsekretär DFB). Im Folgenden gebe ich wieder, was ich aus meiner Sicht Bemerkenswertes aufgeschnappt habe. Unter anderem zum Thema 50+1.

(Eines vorab: Auf die über verschiedene Medien bereits gegeisterten Meldungen – hauptsächlich zur Randale-in-und-um-Stadien-Diskussion – will ich hier nicht weiter eingehen.)

Der Kongress fand im Kosmos statt, einem ziemlich großen Veranstaltungszentrum mit großen Kinosälen, in denen mehrere Podiumsdiskussionen zu unterschiedlichen Themen parallel stattfanden. Dementsprechend musste auch ich mich entscheiden, wo ich hingehe. Die Veranstalter haben die zeitliche Überschneidungen versucht dadurch zu lösen, indem sie zu jedem Programmpunkt einen Live-Ticker angeboten haben. Auch wenn diese zum Teil nicht sehr tief die Inhalte wiedergaben, ein wirklich ungeheurer Aufwand und toller Service!

Am Vormittag wurde mir die Entscheidung, wo ich hingehe, abgenommen: Ich war selbst Teilnehmer einer Podiumsdiskussion zum Thema 50+1. Unter der Überschrift „Wenn Regeln unglaubwürdig werden: Verrät der Fußball seine Werte?“ ging es jedoch bald munter los mit den Wortmeldungen aus dem Publikum. Insbesondere Andreas Rettig, der zusammen mit Helmut Sandrock immer wieder mutig Flagge zeigte, schaltete sich aus dem Publikum heraus ein, um ein Stück weit gegen die vorherigen Äußerungen, dass diese 50+1-Regel „doch alles Volksverarsche ist“ (HSV-Supporter Bieberstein, der im Übrigen stark davon ausging, dass der Antrag auf Änderung der Satzung beim HSV angenommen wird) und „einige Fans ganz bewusst dumm gehalten werden, indem man ihnen Informationen etwa zu den Bilanzen der Vereine vorenthält“ (Rainer Vollmer, Aufsichtsrat Schalker Fanclubverband).

Rettig betonte, dass die DFL „voll hinter 50+1“ stehe und für deren Erhalt kämpfe. Und deswegen würden auch mit „einem bestimtmen, aber hier nicht namentlich genannten Verein“ (er meinte den RB Leipzig) noch Gespräche stattfinden. In denen werde den Verantwortlichen klar gemacht, dass es so nicht geht mit ihrer Vereinssatzung. Konkret meinte Rettig damit die zu hohen Hürden, die ein neues Vereinsmitglied zu überwinden hat (u.a. 800 Euro Jahresgebühr, plus 100 Euro einmalig, plus Recht des Vorstands, den Antrag einfach abzulehnen).

Nunja. Erstens ist das Kind mit dem sich abzeichenden Aufstieg von RB Leipzig ja aus Sicht der Traditionalisten schon 2009 mit der Gründung des deutschen Brauseklubs in den Brunnen gefallen und zweitens werden sich die Anwälte des Vereins dann sicher eine andere Lösung einfallen lassen – ohne dass Red Bull an Einfluss verliert, sondern weiterhin zu 100 Prozent das Sagen hat. Wie ich neulich erfuhr, haben sich die Anwälte von RB Leipzig auch bereits mit der DFL geeinigt. Nur wie das mit dem Vereinswappen gelöst wird – das ja eigentlich nicht für einen Sponsoren werben darf – dazu kam auch heute keine Antwort.

Wie auch zu der Frage, wann denn endlich die 50+1-Regel so ausgestaltet wird, dass sie nicht mehr von Juristen belächelt wird. Denn noch immer ist vieles unklar. So will Martin Kind 2018 die absolute Mehrheit von Hannover 96 erwerben, weil ihm die Neugestaltung der 50+1-Regel dies erlaubt, da er dann seit 20 Jahren ununterbrochen den Verein in „erheblichem Maße gefördert hat“. Leider ist nirgends definiert, was unter „erheblich“ zu verstehen ist. Auch gibt es keine Regelung zu möglichen Haltefristen – könnte Kind also seine Mehrheit gleich wieder an den Meistbietenden verkaufen? Um nur ein paar offene Fragen zu nennen.

Rettig sagte dazu, diese Fragen seien nicht mal eben zu beantworten. Und wenn man sich für eine Regelung entscheide, müsste das auch hieb-und-stichfest sein. „Es nützt uns doch nix, wenn wir Investoren verbieten in den deutschen Fußball einzusteigen und bei der EU fliegt uns das um die Ohren.“

Recht hat er. Aber dass man das trotz der Komplexität nicht auch schneller hinbekommen kann, ist genauso richtig. Jedenfalls haben mir das mehrere Juristen unabhängig voneinander bestätigt. So sieht es weiter nach einer Hängepartie und vielen offenen Fragen aus. Dass die DFL damit alles andere als professionell rüberkommt, scheint sie nicht wirklich zu stören. Und: Martin Kind hat schon seit geraumer Zeit gute Vorschläge zu einer weiteren Ausgestaltung der 50+1-Regel gemacht, die auch von neutralen Anwälten als gut bewertet werden. Keiner erwartet, dass die DFL einen alles umfassenden Rundumschlag hinlegt und an alles gedacht hat. Aber etwas Vorankommen in der Sache wäre doch mal was.

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Trackbacks and Pingbacks

  1. Rummenigge mag keine Bullen-Brause - 31. Januar 2014 at 10:40

    […] viel zu lange haben schleifen lassen. Andreas Rettig von der DFL hatte sich erst kürzlich dazu beim Fankongress in Berlin geäußert. Man darf gespannt […]

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