Spürbar einfallslos.

Ein großes Danke an den 1. FC Köln: Der Fußballbundesligist hat eine Steilvorlage geliefert, um mal wieder so richtig abledern zu können. Ab und zu muss das einfach sein. Worum es genau geht? Um den neuen “Marken-Claim”, wie es im Marketing-Sprech heißt: “1. FC Köln. Spürbar anders.”Der Knalleffekt an solchen Werbesprüchen ist ja eigentlich, dass sie sofort ins Ohr gehen, weil sie ohne Probleme verstanden werden und im Hirn haften bleiben. Weil sie zum Beispiel so toll zu dem Klub oder Produkt passen. So wie bei VW: “Volkswagen – Wir lieben Autos.” Autos und VW? Ja, gut, das ist selbsterklärend und gehört natürlich zusammen. Und die Liebe ist immer etwas, was Potenzial für Langzeithaftung im menschlichen Hirn hat. Sonderlich originell ist es aber dennoch nicht.

Gute Beispiele gibt es

Bei den Klubs in der Fußballbundesliga gibt es seit ein paar Jahren auch solche Claims, die kurz und knackig erklären sollen, wofür der Klub steht, was ihn auszeichnet. Der FC Bayern ist mal wieder vorbildlich mit seinem “mia san mia”. Dieses bayerische, leicht arrogante Selbstverständnis zeichnet die Bayern mit dem ehemaligen Chef-Ideologen Uli Hoeneß seit vielen Jahrzehnten schon aus. Das passt und hat Widerhaken fürs Gedächtnis.

Gut gemacht hat es auch Bayer 04 Leverkusen. Der Anti-Traditionalist unter den Bundesligisten hat aus seinem vermeintlichen Makel eine Stärke gemacht (die klassische Umkehrungstaktik der Rhetorik) und “Die Werkself” als Markenbotschaft ernannt. Auch das passt und ist in der Form einzigartig.

Die meisten anderen Klubs sind da leider deutlich weniger gut beraten oder einfallsreich. Claims wie “Fussball ist alles” (VfL Wolfsburg), “Wir leben Dich.” (FC Schalke 04) oder “Wahre Liebe” (Borussia Dortmund) sind sowas von austauschbar und für jeden anderen Klub tauglich und übertragbar, dass es schon weh tut. Wie soll mit so etwas eine einzigartige Marke aufgebaut werden? Wo bleibt da der USP?

VfB nimmt gleichen Claim wie Nazi-Gruppe

Das hässlichste Eigentor diesbezüglich hat der VfB Stuttgart geschossen: “Furchtlos und treu” heißt der Spruch, den die Klub-Bosse offenbar super fanden, jedoch übersehen haben, dass diese Parole leider eine neonazistische, als militant geltende Gruppe bereits als Leitspruch gewählt hatte. Wie die “Welt” berichtete, habe der Verein die Worte trotz dieses Wissens auserkoren.

1. FC von austauschbar zu unverständlich

Nun also der 1. FC Köln. Zwar war der vorherige Spruch “Meine Liebe. Meine Stadt. Mein Verein.” auch austauschbar wie nur was und abgrundtief ideenlos. Was nun aber mit “spürbar anders” spürbar besser sein soll, habe ich auch nach dem Anschauen des vor Pathos triefenden Imagefilms nicht verstanden:

Der Dampfplauderer (das soll keine Abwertung seiner Kompetenz sein; wer ihn aber mal live und in Farbe erlebt hat, weiß, was ich meine) und Geschäftsführer Alexander Wehrle hat heute auf Sponsors.de im Interview versucht, den neuen Claim zu erklären: “Der Claim ist die Zusammenfassung unserer Botschaft: Die Symbiose aus Kölnern und dem FC ist in meinen Augen außergewöhnlich. So gibt es das an keinem anderen Bundesligastandort. Es läuft hier eben alles ein bisschen anders: Diese Hingabe ist faszinierend.”

Aha. Schade, dass für mich sowohl der Imagefilm in jeder anderen Stadt und mit jedem anderen Klub funktionieren würde (nur die Biermarke und das Stadt-Wahrzeichen müsste man austauschen) und auch der Claim nicht einen Deut Aufschluss darüber gibt, was denn nun so besonders ist. Etwa dass so Viele in Köln Kölsch trinken, sogar der Toni Schumacher (wie es im Imagefilm zu sehen ist)?

Ich meine, da war deutlich mehr drin. Beispielsweise hätte man doch vielmehr mit der Kölner Mundart spielen können. Warum beispielsweise hat man nicht den Satz aus der Hymne des 1. FC genommen: “E Jeföhl dat verbingk. FC Kölle!” Aber vielleicht verstehe ich das alles auch nur nicht, weil ich kein hochbezahlter Werbefachmann bin, der sich das Alles schön reden kann.

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Eine Antwort auf “Spürbar einfallslos.”

  1. Man kann sich immer vortrefflich über die Claims und Markenbotschaften von Vereinen streiten. Liebe, Verbindung, Ehre, Treue … Vieles bleibt subjektive Betrachtungsweise.

    Im Fall vom 1. FC Köln bin ich aber absolut der Meinung, dass es der Club geschafft hat, trotz aller sportlichen Schwierigkeiten in den vergangenen Jahren ein Image aufrechtzuerhalten beziehungsweise weiterzuentwickeln, das in dieser Form nur selten in der Bundesliga zu finden ist. Der Club “ist anders”, dat Jeföhl im Stadion einzigartig und die Liebe der Kölner zu ihrem EffZeh manchmal fast schon beängstigend.

    Dazu kommt eine hervorragende Medienarbeit, die in den sozialen Medien Vorbildcharakter hat und mit innovativen und “spürbar anderen” Beiträgen und Wegen aufwartet. Der jüngste Imagefilm ist da nur ein Beispiel, die Spots mit Ausrüster Erima ein anderes. Zudem spielt der Club das Thema “Karnevalsverein” erfrischend offen, so wie am 11.11. des vergangenen Jahres mit dem herrlich bodenständigen Peter Stöger.

    Befangenheit möchte ich in meinem Fall nicht von der Hand weisen, aber bei genauer Betrachtung sollte es jedem schwer fallen, ohne Lob für die aktuell geleistete Arbeit in Köln auszukommen.

    Ein Fortuna-Köln-Fan!

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