Viel Arbeit, wenig Geld

Nach etwas längerer Pause hier in meinem Blog (aufgrund von Urlaub, Krankheit, dringender Projekte) will ich auf ein Thema eingehen, das mir immer wieder bei Recherchen und Hintergrundgesprächen über den Weg gelaufen ist: die Attraktivität von Profiklubs als Arbeitgeber. Oder: Warum bloß tun es sich so viele Menschen an, bei einem Sportklub angestellt zu sein?

Wie sagte doch ein Vertreter einer Vermarktungsagentur, die viel mit Sportverbänden, aber auch professionell geführten Sportklubs zusammenarbeiten: „Ich würde meiner Tochter abraten, im Profisport, insbesondere bei einem Klub eine Stelle anzutreten.“ Eine deutliche Aussage.

Und ein klares Kontra gegen das üblicherweise dahin geplapperte Postulat von der ach so hohen Attraktivität eines Profiklubs als Arbeitgeber. Denn dass es als attraktiv angesehen wird, bei einem Profiklub zu arbeiten, stellt eigentlich niemand in Frage. Völlig wurscht, ob der Klub 1. FC Kaiserslautern, Werder Bremen, THW Kiel oder Eisbären Berlin heißt. Allgemein heißt es dann: Das ist doch toll für so einen bekannten Klub zu arbeiten!

Ist man Vollblut-Fan des Klubs, dann mag das wirklich stimmen. Und gehört man zu der kleinen Gruppe der oberen Management-Ebene, dann dürfte das auch stimmen. Denn bekommen durchaus Gehälter, die sich hinter denen in der übrigen freien Wirtschaft nicht zu verstecken brauchen. Das sagen jedenfalls Personalberater und Headhunter, die für Fußballbundesligisten tätig sind. Auch wenn auch der Einsatz von Personalberatern im Sport noch ziemlich selten ist.

Allen anderen, die keine Hardcore-Fans sind und nicht zur oberen Management-Ebene gehören, darf man nur wünschen, dass sie noch andere Optionen haben. Dass sie auch bei einem anderen Arbeitgeber in Lohn und Brot gehen können.

Es geht also um die vielen Assistenten und Sekretärinnen, die Empfangsdamen und Einkäufer. Und auch die Mitarbeiter im Vertrieb oder Marketing oder die dem PR-Chef zuarbeitenden Kollegen aus der Öffentlichkeitsabteilung. Hier heißt das Motto bei den Klubs offenbar leider allzu oft: Wir zahlen das als Lohn, was im Markt sonst für so eine Stelle gezahlt wird, minus einer nicht unbedeutenden Summe X – weil man ja schließlich dann das Privileg hat, zum Beispiel für den großen HSV zu arbeiten. Unterm Strich bieten die Klubs also in aller Regel weniger Lohn im Vergleich zum Markt an.

13 Überstunden pro Woche im Schnitt

Nein, eine belastbare Studie dazu gibt es meines Wissens nicht. Fast nicht jedenfalls: Allein bei der Gruppe der PR-Fachleute bin ich auf eine interessante Umfrage aus dem vergangenen Jahr gestoßen. Die Sportfakultät der TU München hat sich mit der Frage beschäftigt, unter welchen Bedingungen professionelles Kommunikationsmanagement in Vereinen und Verbänden heute abläuft. Um diese Frage zu klären, wurde eine Online-Befragung durchgeführt, an der sich 221 Pressesprecher beteiligt haben. Ein Ergebnis lautete: viel Arbeit, wenig Geld.

Aufgrund einer ungenügenden Manpower in den Klubs und Verbändern der Befragten kommt es automatisch zu Mehrarbeit. Zwei Drittel aller Sport-Pressesprecher müssen der Umfrage zufolge regelmäßig Überstunden machen. Im Schnitt fallen in den Abteilungen rund 13 Stunden Zusatzarbeit pro Woche an.

Trotzdem sind die Verdienstmöglichkeiten eher niedrig und wenig zeitgemäß. Rund 15 Prozent der Befragten bekommt weniger als 2000 Euro brutto im Monat. Ein Drittel erhält zwischen 2001 und 4000 Euro. Fast 14 Prozent liegt zwischen 4001 und 6000 Euro. Nur acht Prozent bringt es auf mehr als 6000 Euro. Die übrigen 30 Prozent arbeiten auf Honorarbasis oder ehrenamtlich ohne Bezüge.

Diese Erkenntnisse werden, wie eingangs bereits erwähnt, durch meine subjektiven Eindrücke, die ich aus einer Reihe von Gesprächen gewonnen habe, fast schon zu deckungsgleich bestätigt. Trotzdem ist es natürlich möglich, dass der ein oder andere Klub auch bei den unteren Hierarchie-Ebenen konkurrenzfähig zur sonstigen freien Wirtschaft zahlt. Diese Arbeit, bei jedem deutschen Profiklub nachzufragen, habe ich mir nicht gemacht. In aller Regel scheint es jedoch, dass die Klubs in ihrer Verwaltung und Geschäftsstelle sparen, wo es nur geht. Um so möglichst viel Geld noch für den sündhaft teuren Spielerkader übrig zu haben und damit vermeintlich das Optimum im Sportlichen Bereich herausholen zu können.

Bei Abstieg Kündigung

Die Rechnung lautet also: Was nutzt mir etwa eine tolle PR-Arbeit oder effektives Ticketing, wenn ich ein Spiel nach dem anderen verliere? Das ist vermutlich nur allzu menschlich; auch wenn freilich zu kurz gedacht. Schließlich dürfte sich gute PR-Arbeit oder effektives Ticketing nachhaltig positiv für den Klub oder Verband auswirken und sollte langfristig die Kosten wieder einspielen. Zu viel Sparen darf daher nicht die Lösung heißen. Auch wenn kurzfristig der Abstieg droht.

Dass dennoch offenbar überwiegend so gedacht und gehandelt wird, ist wiederum ein Argument gegen die Attraktivität eines Sportklubs als Arbeitgeber ist. Denn bei Abstieg droht einem Teil der Belegschaft die Kündigung. Wer also etwa beim Bundesliga-Aufsteiger FC Paderborn eine Stelle angetreten hat, dem kann man eigentlich nur zurufen: Glückwunsch, eine noch weniger abgesicherte Zukunft kann kaum ein anderer Arbeitgeber bieten! Aber immerhin, ab und zu schlurft mal einer der berühmten Kicker im Flur der Geschäftsstelle an einem vorbei und sagt vielleicht sogar „hallo“. Hat ja auch was.

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