Wie sich die Bankenkrise auf die Sponsoring-Etats auswirkt

Banken und Kreditinstitute in Deutschland stehen unter Druck, Analysten sehen eine generelle Krise und prophezeien große Umwälzungen des Marktes. Die Entwicklungen zeigen bereits erste Auswirkungen aufs Sportsponsoring der Finanzunternehmen. Wider Erwarten aber nicht nur negative. by_Tilmann Jörg_pixelio_de

Der Sportbusinessbranche droht Ungemach: Die negativen Schlagzeilen über die Branche der Banken und Kreditinstitute, die im Sport werblich so präsent ist wie keine andere, reißen nicht ab. Es gibt kaum einen Profisport-Verein oder Sportverband in Deutschland, bei dem nicht wenigstens eine Bank als Sponsor auftritt, nicht selten handelt es sich dabei um Sponsorhips auf oberster Ebene (siehe Tabelle zu aktuellen Sponsorships). Umso schwerer wiegen sorgenvolle Berichte über die deutschen Geldhäuser. Wie ihre europäischen Nachbarn stecken sie seit Jahren in einer Zangenbewegung: Die Erträge sinken, insbesondere durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), gleichzeitig stiegen die Kosten unter anderem durch eine zugenommene Regulierung. Die Folgen heißen Fusionen, Schließungen vieler Filialen und massenhafter Stellenabbau.

Wirtschaftliche Kennzahlen von ausgewählten Sponsoren aus dem Bankensektor in Deutschland:

Zudem ziehen die Geldinstitute den Unmut ihrer Klientel auf sich. Weil sich viele klassischen Banken und Sparkassen nicht anders zu helfen wissen – auch mangels fehlender, alternativer Geschäftsideen – versuchen sie ihre gestiegenen Kosten an ihre Kunden weiterzureichen. Beispielsweise in Form von Strafzinsen oder durch das massenhafte Kündigen von hochverzinsten Sparverträgen, die viele Jahre vor der Niedrigzinspolitik der EZB abgeschlossen wurden und mittlerweile von den Banken nicht mehr eingehalten werden können.

Stand: 18. Januar 2019; Quelle: Deutsche Bundesbank

Dadurch steigt die Motivation für Kunden, sich eine andere Bank zu suchen. Vielleicht eine der Direktbanken, die es durch neue Geschäftsmodelle bereits in den vergangenen zwei Jahrzehnten geschafft haben, von der Digitalisierung zu profitieren und massenhaft Kunden von den traditionellen Bankhäusern abgezogen haben. Oder die Kunden wechseln sogar zu einem der den Markt attackierenden Fintech-Unternehmen wie N26, die mit digitalen Innovationen für Wirbel in der Branche sorgen.

Stand: 18. Januar 2019; Quelle: Deutsche Bundesbank

Nicht auf die ganze Branche übertragbar“

Gestiegene Kosten, gesunkene Erträge und aggressive Konkurrenz – glaubt man Studien und Analysten, steht es schlecht um die Zukunft deutscher Geldhäuser. Womit nur allzuoft auch deren Marketinginvestitionen und somit auch Sponsorships zur Disposition stehen. Genauso wie es bei der Postbank der Fall ist: Nach der Übernahme durch die Deutsche Bank steht ein Sparkurs mit Stellenabbau bevor und das Hauptsponsoring bei Borussia Mönchengladbach endet im kommenden Sommer.

Es besteht allerdings auch Grund zur Hoffnung: Neben den düsteren Untergangspropheten gibt es nämlich Experten, die die Marktentwicklung etwas optimistischer sehen. So sagt Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance and Management, gegenüber SPONSORs: „Ja, die Banken und Sparkassen sind unter Druck und die Zahl der Filialen und Banken wird sinken. Man muss aber beachten, dass die Deutsche Bank und Commerzbank, von denen man jetzt immer liest, besondere Probleme haben, die nicht auf die ganze Branche übertragbar sind.“

Faust geht nicht von einer fundamentalen Umwälzung des Marktes aus: Es werde auch in Zukunft das Drei-Säulen-Modell aus Privatbanken, Sparkassen und genossenschaftlichen Banken geben. Zudem sieht der Bankenexperte nicht, dass Direktbanken oder Fintechs die bisherigen Marktteilnehmer überrollen. „Deren Geschäftsmodell ist begrenzt. Bei beratungsintensiven Themen haben sie Probleme. Das geht zwar ebenfalls online, aber die meisten Kunden wollen weiterhin eine persönliche Beratung vor Ort – etwa bei einer Baufinanzierung, wo es um viel Geld geht.“ Dass sei letztlich die große Chance für die Banken mit Filialen: mehr Umsatz durch beratungsintensive Themen. „Viele Banken setzen bereits länger verstärkt auf Beratung. Und sie wollen in diesem Bereich ihren bestehenden Kunden möglichst mehr Finanzprodukte wie zum Beispiel Versicherungen verkaufen.“

 „Sponsoring wird relevanter“

Faust glaubt auch nicht, dass die Werbegattung Sponsoring sonderlich leiden wird, weil viele Banken sich teure Partnerschaften etwa mit Fußballbundesligisten nicht mehr leisten können oder wollen. Etwas überraschend, geht der Finanz- und Managementexperte sogar vom Gegenteil aus: „Für Banken wird Sponsoring relevanter. Um ihre Marke für die Neukundengewinnung zu positionieren. Aber vor allem, um den Bestandskunden ein gutes Gefühl zu geben. Die Banken investieren gerade viel in die Kundenbindung, auch weil diese allgemein durch die Digitalisierung abnimmt. Und Sponsoring kann sehr dabei helfen, dass Kunden ihre Bank positiv wahrnehmen – und deswegen eben nicht zu einer anderen Bank wechseln. Auch im Zuge der gegenwärtig sehr präsenten Diskussion um Nachhaltigkeit macht sich Sponsoring im Sport gut.“ Und dann nennt Faust noch ein Argument, dass man so oder ähnlich von einem Marketingverantwortlichen eines Kreditinstituts erwarten kann: „Letztlich hat eine Bank nicht so viele Möglichkeiten, um emotional ins Bewusstsein der Kunden zu rücken.“

Hört man sich in der Bankenbranche um, scheint Faust mit seiner Einschätzung kein Außenseiter zu sein, sondern eher die vorherrschende Meinung wiederzugeben. Zwar gibt es Ausnahmen wie die Postbank, die der Sponsoring-Branche als Adressat gegebenenfalls dauerhaft abhanden kommt. Ähnliches gilt wohl für die Comdirect Bank, bei der nach der bevorstehenden Übernahme durch die Commerzbank ebenfalls ein rigoroser Sparkurs inklusive Stellenabbau droht. Gegenüber SPONSORs wollte die Bank keinen Kommentar dazu abgeben, ob die beiden Partnerschaften beim Deutschen Volleyball-Verband und dem Hamburger SV über das kommende Jahr verlängert werden. Da aber noch nicht einmal die übliche Phrase von „stattfindenden Gesprächen“ kommuniziert wurde, darf davon ausgegangen werden, dass diese Partnerschaften zumindest auf der Kippe stehen.

Diskrepanz zwischen Dystopien und Reaktionen der Marktteilnehmer

Sonst besteht aber eine auffallende Diskrepanz zwischen den pessimistischen Einschätzungen der Analysten zur Marktentwicklung und den Aussagen von Vertretern einzelner, sponsoringtreibender Kreditinstitute. Uwe Hellmann, Leiter Brand Management der in der Krise steckenden Commerzbank, betont ebenfalls, dass sein Unternehmen Sponsoring weiter brauche. „Klar ist Marketing und Sponsoring immer sofort im Fokus bei Sparplänen. Die Commerzbank hat aber nicht vom Ziel eines Wachstums bei Neukunden abgelassen – und dafür braucht man Marketing und Sponsoring.“ Auf Nachfrage, ob denn aufgrund des angekündigten Sparplans tatsächlich gar keine Einschnitte beim Sponsoring vorgenommen werden sollen, erwidert Hellmann, jeder Marketing-Euro könne nur einmal ausgegeben werden und „natürlich kann es auch beim Sponsoring Einsparungen geben.“ Was das nun konkret für die aktuell bestehenden Partnerschaften bei Eintracht Frankfurt (Partner dritte Ebene und Namingright der Arena) bedeutet, will der Marketingleiter nicht so ganz ausführen. Immerhin gibt er zu Protokoll, dass man sich mit den Vermarktern des Frankfurter Stadions in Gesprächen befinde. Es sei allerdings auch Fakt, dass „Fußballsponsoring immer teurer wird. Und es wird irgendwie allgemein davon ausgegangen, dass wir als Sponsoren natürlich bereit sind, die immer höheren Sponsoring-Summen zu zahlen. Irgendwann wird das aber unattraktiv.“

Ob das nun nur strategische Aussagen sind, die den Preis bei den laufenden Verhandlungen drücken sollen oder ob es tatsächlich zu einem Ausstieg im Falle von nicht zu leistenden Sponsoringfees kommt, wird sich erst noch zeigen. Zumindest bei der Partnerschaft mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) gibt es offenbar keine Ausstiegsoption aufgrund einer wirtschaftlichen Talfahrt. Der Vertrag wurde bis Sommer 2024 verlängert und Hellmann ist offenkundig zufrieden mit der Kooperation: „Wir schaffen es mit dem Sponsoring in den relevant set vieler Menschen und wollen damit Neukunden gewinnen. Umfragen zeigen, dass die Sympathiewerte mit Wissen um das DFB-Sponsoring steigen.“ Auch die Kampagne mit der Frauen-Nationalmannschaft des DFB zur Weltmeisterschaft in diesem Sommer sei sehr erfolgreich gewesen. Was die Präsenz in der weltweiten Medienberichterstattung betreffe, sei es nach der Kampagne mit der Filialleiterin Lena Kuske sogar die zweiterfolgreichste überhaupt. Genaue Zahlen oder Auswertungen wollte die Commerzbank dazu nicht veröffentlichen sehen.

Unterm Strich hört es sich ganz und gar nicht nach Rückzug der Commerzbank aus dem Sponsoring an. Trotz Sparkurs. Höchstens nach härteren Preisverhandlungen als bisher. Marketingchef Hellmann gibt auch ein Bekenntnis zum „Grünen Band“: Die seit 1986 bestehende Initiative vom Deutschen Olympischen Sportbund und der Commerzbank, bei der jedes Jahr 50 Sportvereine für vorbildliche Nachwuchsförderung geehrt werden und jeweils 5000 Euro Fördersumme erhalten, werde fortgeführt. Also weiterhin Sponsoring im Profisport und im Breitensport.

Wie es bei der Konkurrenz der Commerzbank aussieht, die eine gegensätzliche wirtschaftliche Entwicklung genommen haben in den vergangenen Jahren, steht hier.

 

Bildquelle: Tilmann Jörg  / pixelio.de

Dieser Text ist Teil eines Artikels, den ich für das Sportbusiness-Magazin SPONSORs geschrieben habe und der dort in modifizierter, kürzerer Version veröffentlicht wurde.

 

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