Digitalisierung im Sportbusiness: Künstlich intelligenter

Der Begriff „künstliche Intelligenz“ geistert nicht nur immer mehr durch die Wirtschaft allgemein,, sondern soll speziell auch im Sportbusiness für viel Veränderung sorgen. Es gibt bereits einige Anwendungen, die die Aufregung nachvollziehbar machen – unter anderem in den Bereichen Sportübertragung, Austausch mit Kunden, Scouting, Spielanalyse und Gesundheitsprävention.*

Illustration Marcus Stark_ pixelio_deGroße Teile dieses Textes könnten statt von Menschenhand von einer Software stammen: Die Presseagentur Associated Press beispielsweise lässt bereits seit 2015 Finanzmeldungen von einer Plattform namens „Wordsmith“ erstellen, seit 2016 auch kurze Artikel zu Baseballspielen US-amerikanischer Ligen. Das funktioniert mithilfe von künstlicher Intelligenz, kurz KI (siehe „Was ist künstliche Intelligenz?“).

Den vorliegenden Text komplett zu schreiben, könnte die aktuell auf dem Markt befindliche KI jedoch nicht. Dafür sind Thematik und Gedankengänge dahinter doch zu komplex. Noch, muss man wohl sagen. Denn die Entwicklung hat Fahrt aufgenommen.

Die Einsatzmöglichkeiten für KI sind gigantisch und es wird früher oder später jeden Wirtschaftszweig umwälzen. Eine vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Studie geht von enormen Steigerungen der Produktivität aus. Allein im produzierenden Gewerbe in Deutschland soll KI bis 2023 eine zusätzliche Wertschöpfung von 31,8 Milliarden Euro herbeiführen, was rund ein Drittel des gesamten Wachstums wäre.

Dabei sind die Deutschen der Studie zufolge trotzt im internationalen Vergleich starker Grundlagenforschung beim Thema KI generell eher zurückhaltend: Im Sommer 2018 nutzten lediglich fünf Prozent der deutschen Unternehmen KI. Nur drei von zehn Firmen gehen zudem davon aus, KI in den kommenden zehn Jahren einzusetzen.

In anderen Ländern scheint die Stimmung da deutlich offensiver oft schon euphorisch. Vor allem die beiden Tech-Unternehmen IBM und Microsoft geben Gas und sind laut einer Auswertung der Weltorganisation für geistiges Eigentum führend bei der Zahl an KI-Patentierungen (IBM mit insgesamt 7151 Patenten, Microsoft mit 6501). Aber auch Apple, Facebook, Google oder Samsung investieren Milliarden ins Entwickeln neuer KI-Anwendungen und in entsprechend ausgerichtete Startups. Viele politische Führer wie die von Kanada, Japan, Israel, Indien, Singapur und der Volksrepublik China wollen ihr Land zudem mit massivem finanziellen Einsatz an die vorderste Stelle der KI-Entwicklung rücken. Auch die deutsche Bundesregierung will bis 2025 drei Milliarden Euro in die deutsche KI-Forschung stecken. Laut einer Schätzung der Unternehmensberatung KPMG sollen die weltweiten Investitionen in KI bis 2025 auf 232 Milliarden US-Dollar steigen – von zwölf Milliarden US-Dollar in 2018.

Auch im Sportbusiness scheint es kaum etwas zu geben, was nicht durch KI verbessert werden könnte, die Branche nutzt immer mehr direkt für sie konzipierte KI-Anwendungen. Bei anderen arbeiten Entwickler mit Hochdruck an der finalen Marktreife. Studien oder Umfragen zum Einsatz und Einfluss von KI auf das Sportbusiness gibt es noch nicht. Wohl auch, weil die Anwendungsmöglichkeiten zumeist relativ neu sind. SPONSORs hat sich auf die Suche nach funktionierenden KI-Anwendungen gemacht.

 Anwendungsfeld Fan-Experience: Verbessertes Seherlebnis für Fans

Sportübertragungen, ob nun live oder on demand – auch in Form von Highlight-Zusammenfassungen –, scheinen geradezu nach dem Einsatz von KI zu schreien. Schuld daran ist vor allem das sich rasant verändernde Mediennutzungsverhalten der nachrückenden Generationen mit der Nutzung von Second Screens oder dem Trend hin zu on demand: Wer hat nicht schon mal im Stadion gedacht, dass es schön wäre, wenn man auf seinem Handy eine Torraumszene ähnlich wie bei einer TV-Sportübertragung nochmal und vor allem besser, weil näher dran sehen könnte? Einer, der diese Meinung vertritt, ist Steve Ballmer, ehemals CEO von Microsoft und seit 2014 Eigentümer des US-amerikanischen Profi-Basketballteams LA Clippers. Auf einer Konferenz in Los Angeles Ende Mai 2017 skizzierte er, wie sein Club mit der Firma Second Spectrum daran arbeite, das Seherlebnis der Fans in der Halle und zuhause attraktiver zu gestalten. Unter anderem könne mithilfe von KI dem jeweiligen Zuschauer am Bildschirm oder am Handy automatisch dessen favorisierte Kameraperspektive gezeigt werden.

Ballmer nannte Beispiele: „Bin ich ein Fan, der sehr nah am Geschehen dran sein will, dann bekomme ich die Perspektive direkt von oben auf den Spieler, wie er den Ball per Slam Dunk in den Korb donnert. Und wenn ich Fan eines bestimmten Spielers bin, bekomme ich vor allem Spielszenen aus dessen Perspektive angeboten.“

Ferner arbeite man dran, dass dem Zuschauer relevante Daten wie die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Wurfs (mit Bezug zu Entfernung und Winkel zum Korb) oder eines Rebounds durch einen bestimmten Abwehrspieler im Bewegtbild angezeigt werden.

Ähnliches hat die PGA Tour zusammen mit Microsoft seit vergangenem Jahr für die Golf-Berichterstattung eingesetzt: Auf der Basis von PGA-Statistiken aus fast 20 Jahren und mehr als 80 000 Stunden Bewegtbildern des PGA-Digitalarchivs lernte Microsoft eine KI-Anwendung an, damit diese zum aktuellen Sportgeschehen passende Statistiken am Bildschirmrand einblendet. Das ganze automatisch und in Echtzeit. Das Ziel: Ein auf Live-Daten basierendes neues Storytelling, das auch dafür sorgen soll, dass neue Fans hinzugewonnen werden und unterm Strich die Erlöse aus der Medienrechte-Vermarktung zu steigern.

Auch Unternehmen wie Reely aus den USA oder Teravolt aus Hamburg wollen mithilfe von KI das Fanerlebnis verbessern. Darauf gehe ich einem anderen Artikel näher ein.

* Dieser Text ist Teil eines Artikels, den ich für das Sportbusiness-Magazin SPONSORs geschrieben habe und der dort in leicht modifizierter Version veröffentlicht wurde.

 Bildquelle: Illustration Marcus Stark  / pixelio.de

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