Sportwetten: Massenhaft „Knick-knack-Buden“

Eine neue Studie wirft ein dunkles Licht auf die Realität der Sportwettenlokale hierzulande. Während private Anbieter wie Admiral Sportwetten oder Tipico insbesondere mit aufgepimpten Wettshops, die wie moderne Sportlokale anmuten (sogenannten Flagstores), aber auch mit Millionen-Werbegeldern versuchen, dass sie und ihre Wettshops von der breiten Öffentlichkeit als seriös angesehen werden, ist die Wirklichkeit um sie herum in der erdrückenden Mehrheit eine ganz andere: Der Studie zufolge sind die meisten Wettshops das, was ein bekannter Klubmanager aus der Fußballbundesliga mal abfällig so bezeichnete: „Knick-Knack-Buden“. Die Studie verdeutlicht, dass die privaten Sportwetten-Anbieter, die wie Tipico, Interwetten oder Bwin, seit Jahren um ein seriöses Image bemüht sind, noch einen sehr langen Weg vor sich haben.

Der Arbeitskreis gegen Spielsucht unter Leitung von Jürgen Trümper hat im ersten Halbjahr 2014 das Sportwettenangebot in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Berlin untersucht. Insgesamt besuchte Trümper 940 Lokalitäten in 140 Kommunen. Den Auftrag für die Studie gab West-Lotto.

Die Feldstudie kommt zu dem Ergebnis, dass in Nordrhein-Westfalen knapp 10 000 Menschen die entsprechenden Glücksspielangebote besuchen. Dabei werden diese zu 98 Prozent von männlichen Gästen aufgesucht. 86 Prozent der angetroffenen Gäste hatten einen Migrationshintergrund. In jeder fünften Lokalität konnte an illegalen Automaten gespielt werden. Hinzu kämen Verstöße gegen das Rauchverbot, fehlende Hinweise zum problematischen Spielverhalten und nicht genehmigter Alkoholausschank.

Automaten aus Ost-Europa und neben Wetten auch Gold oder Handys

West-Lotto und Trümper zufolge, seien alle besuchten Lokalitäten mit Sportwettangebot illegal, da sie keine Lizenz vorweisen könnten. Darüber kann man sich natürlich streiten, da es schließlich seit Inkrafttreten des neuen Glücksspieländerungsvertrags im Juli 2012 noch immer keine einzige Lizenz für Sportwetten gibt. Fakt ist aber, dass nur ein Bruchteil der aktuell bestehenden stationären Wettlokale eine Lizenz in Aussicht haben. Entweder haben sie sich erst gar nicht um eine Lizenz beworben oder sie werden an der vom Gesetzgeber vorgesehenen quantitativen Beschränkungen für Lizenznehmer scheitern: Pro Bundesland soll den Lizenznehmern (sofern es denn tatsächlich mal welche gibt) nur eine bestimmte Anzahl an Wettshops erlaubt werden.

Eindeutig illegal waren die Spielautomaten für den Betrieb in Spielbanken, so genannte Slotmaschinen, mit denen Spieler innerhalb von zwei Sekunden 10 000 Euro gewinnen können. Illegal aufgestellt, Re-Importe, die eigentlich für Spielcasinos in Osteuropa gebaut worden waren.

Der Feldforscher Trümper sah nach eigenen Angaben Klitschen, in denen die Betreiber neben den Wetten auch Gold, Elektrogeräte und Handys anboten. Er stieß auf vermeintlich normale Kioske, wo zwischen Zigaretten, Lakritzstangen und Eis aus der Truhe Geschäfte mit Wetten gemacht werden. „Da werden die Kinder der Betreiber inmitten von Glücksspiel groß”, sagt Jürgen Trümper.

Knick-Knack-Buden für aktive Wetter attraktiv

Für die anwesende Klientel sei der Studie zufolge die Attraktivität der Sportwettshops jedoch hoch. Die Shops böten „oftmals sozio-kulturelle Treffpunkte ethnischer Gruppen.“ Weiter heißt es in der Studie: „Sitzgelegenheiten und teils kostenfreie gastronomische Angebote laden zum Verweilen ein. Aber vor allem besteht die Möglichkeit, sich in der Runde mit Gleichgesinnten, oftmals muttersprachlich, über Sport- und Wettausgänge auszutauschen. Die klassische Lotto-Annahmestelle, als Spielstätte für Oddset bietet die geschilderten Möglichkeiten nicht.“

Schaut man sich in einer x-beliebigen Innenstadt um, findet man schnell eine Lokalität, die Sportwetten anbietet und – als hätte sich seit den 90er-Jahren nichts getan – eher dubios erscheint als seriös. Die nun vorliegende Studie unterlegt dieses Bild mit Zahlen.

Tpico und Co.: Mühevoller Kampf um saubereres Image

Die privaten Anbieter wie Bet-at-home oder Mybet kennen das Problem und kämpfen daher seit Jahren mithilfe von Sportsponsoring, TV-Spots oder Werbeanzeigen für ein besseres, sauberes Image. Als Beispiel sei hier auf Tipico und die Zusammenarbeit mit Oliver Kahn verwiesen. Wenn nicht bald tatsächlich Lizenzen von Vater Staat vergeben werden und sodann die aktuell völlig überforderten Behörden besser gegen die illegalen Glücksspiel-Shops vorgehen können, werden diese Bemühungen nicht viel helfen.

Näheres zum (noch immer) aktuellen Stand bei der Vergabe von Lizenzen für Sportwetten gibt es hier.

(Bildquelle: Maren Beßler / pixelio.de)

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