Lizenzvergabe Sportwetten: Ein bisschen tut sich was

Ein Thema, das alle Fußballbundesligisten, den DFB und so manch anderen in der Sportbusinessbranche bewegt: die Vergabe der Lizenzen für Sportwetten. 20 Unternehmen haben nun konkret eine Lizenz in Aussicht. Aus Hessen kam eine dementsprechende Vorabankündigung. Auch wenn die Lizenzen wegen gerichtlicher Klagen noch nicht final erteilt werden können, ist durch die Ankündigung dennoch Bewegung in den deutschen Markt gekommen.*

Nein, es ist noch immer nicht so weit. Die Lizenzen für Sportwetten sind auch bis heute nicht vergeben. Zwar hat das Innenministerium Hessen Anfang September mitgeteilt, welche der Bewerber eine der 20 bundesweit geltenden Lizenzen erhalten sollen, weil sie im Prüfverfahren am besten abgeschnitten haben (siehe Tabelle unten). Sektkorken knallten dennoch nicht in den Büros von X-Tip, Admiral Sportwetten oder Oddset.

Es kam anschließend das, was Viele erwartet hatten: Bewerber, die es nicht unter die Top-20 geschafft hatten, wandten sich an die Gerichte, um die Lizenzvergabe zu stoppen und so vielleicht doch noch die eigene Bewerbung zu einem Erfolg zu machen. Es war klar, dass Marktgrößen wie Tipico oder Interwetten nicht einfach das Feld räumen.

Dafür steht zu viel auf dem Spiel, der deutsche Markt soll ein Volumen von mehreren Milliarden Euro haben. Um jetzt einfach aufzugeben, haben Tipico und Co. zu viel in Marketing und Sponsoring investiert – seit dem Sommer 2012 konnten sich die deutschen Proficlubs über eine Schwemme an neuen Sponsoren aus der Glücksspielbranche freuen. Und letztlich war der Aufwand der Glücksspielanbieter für die Bewerbung zu groß. Von zwölfköpfigen Teams, die sich über 25 Monate mit der Bewerbung beschäftigt haben, ist zu hören.

Es war also wenig überraschend als am 17. September das Verwaltungsgericht Wiesbaden verkündete, die 20 Lizenzen dürften vorerst nicht vergeben werden bis über einen Eilantrag von Tipico entschieden ist. Hätte es diesen sogenannten Hängebeschluss nicht gegeben, hätten am 18. September Lizenzen vergeben werden können und der langersehnte Prozess hätte endlich beendet werden können. Die Pläne für Marketing und Sponsoring hätten von den dann Lizenzierten aus der Schublade geholt werden können und nicht-lizenzierte Anbieter hätten mit Untersagungsverfügungen rechnen müssen.

Ja, hätte. Daraus wird aber vorerst nichts. Tatsächlich wird nun das Wiesbadener Gericht das Bewerbungsverfahren überprüfen. Es wird prüfen, ob es eilbedürftig istund wenn ja, ob der Bewerbungsprozess formal ordentlich ablief und ob die Kriterien, mit denen die Bewerber beurteilt wurden, transparent, nachvollziehbar und für alle Bewerber gleich angewandt wurden.

Chaos durch Klagen

Wie diese Prüfung ausgeht, scheint völlig offen. Erschwert wird die Prognose, dass Bewerber auch bei anderen Gerichten klagen können. Denn das Wiesbadener Gericht ist nur für die ausländischen Bewerber die richtige Anlaufstelle. Sportwettenanbieter aus Deutschland müssen sich an das Gericht ihres jeweiligen Sitzes wenden. So kann und wird es wohl dazu kommen, dass sich Gerichte in Hamburg, Gelsenkirchen oder eben Wiesbaden mit dem Bewerbungsverfahren beschäftigen. Und eventuell zu unterschiedlichen Entscheidungen gelangen.

Laut Rechtsanwalt Henrik Bremer von der Kanzlei Wirtschaftsrat Bremer und Heller könnte es allerdings auch passieren, dass das Land Hessen gegen die Eilanträge von Tipico und Co. Beschwerde einlegt und dieser stattgegeben wird. „Dann könnten die Lizenzen ausgegeben werden“, sagt Bremer. Allerdings: „Wenn nur ein einziges Gericht entscheidet, dass keine Lizenzen ausgegeben werden dürfen, weil es an der Bewerbungsphase etwas auszusetzen gibt, dann kann diese Entscheidung nicht von einem anderen Gericht überstimmt werden.“ Dann könnten sich Kläger wie Tipico aber noch an die zweite Instanz, also das nächsthöhere Gericht wenden – sofern der Gang zur zweiten Instanz vom Verwaltungsgericht zugelassen wird.

Christian Mayer von der Kanzlei Noerr LLP geht davon aus, dass die Gerichtsverfahren über beide Instanzen gehen und dementsprechend der Schwebezustand noch eine Weile andauern wird. „Frühestens im Dezember“, so Mayer, „ist mit einer endgültigen Entscheidung zu rechnen“. Andere in der Branche sind skeptischer. Christoph Schmidt, Geschäftsführer der ODS Oddset Deutschland GmbH, befürchtet, mehr Klarheit gibt es „schlimmstenfalls erst im ersten Quartal 2015“.

Deutsche Sportwetten „schärft nach“

Es ist also ungewiss wie sich die Lizenzvergabe entwickeln wird. Klar ist aber, dieser Zustand hat unmittelbare Folgen: Denn, weil vorerst keine Lizenzen vergeben werden, bleibt der rechtliche Schwebezustand bestehen, in dem sich der deutsche Glücksspielmarkt seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages im Sommer 2012 befindet.

Für die Sportwettenanbieter heißt das: Weiter abwarten und die großen Marketingkonzepte in der Schublade lassen. So sagt etwa Schmidt von Oddset: „Solange wir keine Lizenz haben, können wir werblich nicht aktiv werden und auch unsere Sponsoring-Partnerschaften zum Beispiel mit Borussia Dortmund nicht aktiveren.“ Andere Sportwettenanbieter geben ebenfalls an, erstmalkeine neuen Sponsorships einzugehen.

Trotz der abermaligen Hängepartie ist doch wieder mehr Bewegung im deutschen Sportwettenmarkt festzustellen. Wegen der Vorabankündigung aus Hessen Anfang September, in der ersichtlich wurde, welche der Bewerber beim Konzessionsverfahren am besten abgeschnitten haben. Denn nun ist zum Beispiel klar: Die Deutsche Telekom wird auf dem deutschen Sportwettenmarkt mitmischen. Zwar schränkt der CEO der Österreichischen Sportwetten GmbH, Philip Newald, gegenüber SPONSORs ein, dass die Telekom nur dann eine Mehrheitsbeteiligung an seiner Tochtergesellschaft Deutsche Sportwetten übernehmen wird, wenn de facto eine Lizenz vorliegt. Jedoch sagt Newald auch, sie würden aufgrund der Vorabankündigung aus Hessen bereits „die bereits bestehenden Pläne für Marketing und Sponsoring nachschärfen“.

Für die Konkurrenz muss das wie eine Kampfansage klingen. Mit der Telekom käme ein Anbieter hinzu, der als ehemaliger Staatsbetrieb und dem dadurch bedingt seriösen Image im Gegensatz zu anderen Anbietern weniger damit zu kämpfen hätte, dass Sportwetten noch immer einen schmuddeligen Ruf haben. Dieses Ansinnen von einem sauberen, seriösen Auftreten wird allein schon durch die Namensgebung unterstrichen: Deutsche Sportwetten GmbH klingt für deutsche Ohren sicher vertrauenswürdiger als so manch anderer Name, der sich zumeist durch eine Variation mit „Bet“ zusammensetzt.

Bemerkenswerter ist aber das große Potenzial, das die Telekom mitbringt: Der Konzern verfügt zum Beispiel über Millionen von Adressen und über direkte Kanäle zu potenziellen Wettern, die bereits Zahlungen an ihn entrichten. Die derzeit rund 12,36 Millionen Internetkunden zum Beispiel wären alles potenzielle Kunden für ein mögliches Sportwettenangebot.

Verkäufe von Lizenzierten denkbar

Neben der Telekom werden sicher noch andere große Unternehmen den deutschen Markt durcheinander wirbeln: So wird Ladbrokes wie in Großbritannien auch hierzulande eine führende Rolle mit aller Macht anstreben und schon jetzt aufgrund der Vorabankündigung aus Hessen konkretere Pläne schmieden.

Eventuell verfolgt Ladbrokes oder ein anderer großer Anbieter auch die folgende Strategie: Derzeit sollen einige Verkaufsgespräche mit Anbietern stattfinden, die es unter die Top-20 geschafft haben. Anbieter wie „Intermedia“ oder „Bernd Hobiger Wettbüro Goldesel“, die aber so klein und unbekannt sind, dass automatisch vermutet wird, sie haben sich nur um eine Lizenz beworben, um anschließend an den Meistbietenden zu verkaufen. So könnte etwa Ladbrokes – rein theoretisch – zehn von 20 Lizenzen aufkaufen und damit die Konkurrenz aus dem Markt drängen. Oder ein Bewerber, der es wie Tipico nicht unter die Top-20 geschafft hat, erkauft sich mit der Übernahme eines kleineren Anbieters eine Lizenz. Das wäre aber ein teurer Umweg.

Tatsächlich gab es bereits so einen Fall, unbemerkt von der Öffentlichkeit: Die auf der Liste des Hessischen Innenministeriums stehende Primebet International Limited wurde Ende August für 7,7 Millionen Euro an die Betterbet Sportwetten GmbH verkauft. Damit kann Betterbet die für Primebet erteilte Lizenz nutzen. Die Gesellschafter des erst im Mai gegründeten neuen Anbieters Betterbet sind bekannte Köpfe: Die ehemaligen Mybet-Vorstände Mathias Dahms und Stefan Hänel sowie Peter Reinhardt, zuvor bei Betfair tätig. Bis Mitte September hatte Betterbet bereits 35 stationäre Wettshops aufgezogen. Und Dahms kündigt auf Anfrage an: „Wir haben vor, im Sponsoring was zu machen.“

Ohne die Vorabankündigung aus Hessen hätte es solch eine Aussage sicher nicht gegeben. Der Markt ist also in Bewegung gekommen, auch wenn wegen der Gerichtsverfahren noch ein paar Wochen oder vielleicht Monate vergehen, bis es konkreter wird.

Folgende 20 Anbieter sollen anch aktuellem Stand eine Konzession erhalten (Reihenfolge nach erreichter Gesamtpunktzahl im Prüfverfahren):

1.     Cashpoint (Malta) Ltd. (X-Tip)

2.     Admiral Sportwetten GmbH

3.     ODS Oddset Sportwetten Deutschland GmbH

4.     Oddsline Entertainment AG

5.     Primebet International AG (Betbull)

6.     Electra Works Ltd. (Bwin)

7.     Digibet Ltd.

8.     Bet-at-home.com Internet Ltd.

9.     Ladbrokes International PLC

10.   Bet 90 Ltd.

11.    Deutsche Sportwetten GmbH (Tipp3, Deutsche Telekom)

12.    Personal Exchange International Ltd. (Mybet)

13.    Polco Ltd. (Betfair)

14.    Intermedia GmbH

15.    Bernd Hobiger Wettbüro Goldesel

16.    Ruleo Alpenland GmbH (btty)

17.    Racebets International Gaming Ltd. (German Racing)

18.    Albers Wettbörsen Deutschland oHG mbH

19.    IBA Entertainment Ltd. (Bet 3000)

20.   Star Sportwetten GmbH (BGT)

 

* Dieser Artikel wurde in der aktuellen Oktober-Ausgabe des Fachmagazins SPONSORs veröffentlicht.

(Bildquelle: Lupo / pixelio.de)

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  1. Sportwetten: Massenhaft „Knick-knack-Buden“ - 5. Februar 2015 at 17:07

    […] Näheres zum (noch immer) aktuellen Stand bei der Vergabe von Lizenzen für Sportwetten gibt es hier. […]

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