Sportwetten-Lizenzen: Gericht macht Ministerium Druck

Zum Thema Öffnung des milliardenschweren deutschen Sportwettenmarktes gibt es etwas Neues: Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat das hessische Innenministerium verpflichtet, über die Bewerbung von ODS Oddset Deutschland Sportwetten auf eine der 20 bundesweiten Sportwettenlizenzen zu entscheiden – innerhalb von drei Monaten nach Zugang des Gerichtsbeschlusses. Die Entscheidung betrifft nach Einschätzung von Rechtsexperten auch alle anderen Bewerbungen.*

In dem nun veröffentlichten Beschluss schreibt das VG Wiesbaden: Das Ministerium werde „im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, über den Konzessionsantrag der Antragstellerin innerhalb von drei Monaten ab Zustellung dieses Beschlusses zu entscheiden.“ Damit aber nicht genug, das Gericht bezieht auch alle anderen Bewerbungen in die Entscheidung mit ein: Das Ministerium „ist gehalten, über alle Konzessionsanträge im laufenden Verfahren zeitgleich zu entscheiden.“

Für Oddset ist das zunächst eine bittere Pille: Die Sportwettentochter von acht staatlichen Lotteriegesellschaften hatte beim Verwaltungsgericht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes versucht, das Ministerium zu verpflichten, ihr eine vorläufige Konzession zu erteilen – um die wirtschaftliche Existenz aufrechterhalten zu können wie es in dem Gerichtsbeschluss heißt. Diesen Hauptantrag lehnte das Gericht ab. Der Glücksspielstaatsvertrag sehe keine vorläufige Konzessionierung vor. Auch sei das Bewerbungsverfahren nicht abgeschlossen. Oddset habe auch keine „irgendwie geartete Anwartschaft auf eine Konzession“ erworben wie seitens der Anwälte von Oddset argumentiert worden war.

Gericht kritisiert: „Dauer des Vergabeverfahrens nicht gerechtfertigt“

Immerhin: „Nach Einschätzung von Christian Mayer von der Kanzlei Noerr LLP „stärkt das VG Wiesbaden erneut die Position von privaten Wettenanbietern, wenn diese juristisch gegen das Vergabeverfahren vorgehen wollen“, so der Glücksspielrechtsexperte. Schließlich stellt das Gericht in dem aktuellen Beschluss (Aktenzeichen 5 L 970/13.WI) fest, dass über einen Antrag nicht in angemessener Frist entschieden wurde, ohne dass ein zureichender Grund dafür ersichtlich ist. „Arbeitsbelastung der Behörde, mangelnde personelle Ausstattung und Ungenauigkeiten im bisherigen Prüfungsverfahren können nicht als Rechtfertigkeit für die mehrjährige Dauer des Verfahrens angesehen werden”, argumentiert das Gericht.

Trotz Frist: Vergabe von Lizenzen in naher Zukunft unwahrscheinlich

Ob allerdings die vorgegebene Frist von drei Monaten zur Entscheidung über alle Anträge eingehalten werden kann, bezweifelt Christian Mayer: Daran glaube sogar das VG Wiesbaden selbst nicht. Mit Teilurteil vom 19.12.2013 (Az. 5 K 1244/12.WI) habe das Gericht nämlich in einem anderen Verfahren darauf hingewiesen, dass wegen dem geänderten Informationsmemorandum vom 14.11.2013 mit einer Konzessionserteilung in der ersten Hälfte 2014 nicht gerechnet werden könne. Denn denjenigen Bewerbern, die keine Lizenz erhalten sollen, muss die Möglichkeit eingeräumt werden, dagegen Rechtsmittel einzulegen – während die auserwählten Lizenznehmer noch nicht loslegen dürfen.

Die vom VG Wiesbaden kritisierte Verzögerung bei der Lizenzverfahren ist vor allem deshalb von Bedeutung, da laut Glücksspielstaatsvertrag zunächst nur eine Vergabe von Konzessionen für sieben Jahre vorgesehen ist – gerechnet ab dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Juli 2012. Würde erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2014 eine Konzessionsentscheidung ergehen, so schreibt das VG Wiesbaden, läge dies weder im öffentlichen Interesse hinsichtlich der beabsichtigten Experimentierphase noch im Interesse von Oddset. Denn dann könne Oddset die Lizenz statt sieben Jahre nur höchstens fünf Jahre nutzen. Das Gleiche gilt natürlich auch für alle anderen Bewerber, die sich seit vielen Monaten unter hohen Kosten um eine Sportwettenlizenz bewerben.

Abschließend notiert das Wiesbadener Gericht: „Auch der Erkenntnisgewinn, den sich der Gesetzgeber für die Zielerreichung durch europarechtskonforme Gestaltung des Glücksspielrechts erhofft, wäre deutlich reduziert, wenn nur 5/7 des vorgesehenen Erprobungszeitraums tatsächlich zur Verfügung stehen.“

Oddset durch Gerichtsbeschluss weiter unter starkem Druck

Mit dem Gerichtsbeschluss ist Oddsets Versuch fehlgeschlagen, vor dem VG Wiesbaden daraus Kapital zu schlagen, dass man zu den 14 Bewerbern gehört hatte, die im vergangenen Jahr zu mündlichen Anhörungen im Innenministerium geladen worden waren. So muss sich ODS-Geschäftsführer Christoph Schmidt weiter gedulden und rote Zahlen schreiben: Erst kürzlich hatte Schmidt auf dem SpoBiS in Düsseldorf die Hängepartie im Vergabeverfahren der Sportwetten-Konzessionen kritisiert. Seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags habe Oddset online noch überhaupt keine Umsätze erwirtschaften können.

*Dieser Artikel wurde gestern auf Sponsors.de veröffentlicht.

(Bildquelle: birgitH / pixelio.de)

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