Landessportbünde lassen sich instrumentalisieren

Als ich bei der DOSB-Mitgliederversammlung hörte, dass die 16 Landessportbünde eine gemeinsame Erklärung zum Glücksspiel herausgeben, dachte ich an die noch immer nicht in allen Bundesländern geklärte Verteilung der Einnahmen aus Sportwetten. Stattdessen haben sich die LSB von ihren großen Geldgebern, den staatlichen Lotteriegesellschaften instrumentalisieren lassen für ein „Positionspapier“, das einfach nur lächerlich ist.

Die dazu veröffentlichte Pressemitteilung strotzt nur so vor Fehl-Informationen (oder absichtlicher Falsch-Interpretationen?) und Unwissen. Eigentlich gibt es nur eine Aussage, an der es nichts zu bekritteln gibt: „Es muss zeitnah dafür gesorgt werden, dass die im Glücksspieländerungsstaatsvertrag vorgesehenen Lizenzen erteilt werden, um Wettbewerbsgleichheit für alle Anbieter herzustellen.“ Und weiter: „Ohne eine Lizenzvergabe im Sportwettenbereich scheint derzeit ein wirksamer Vollzug gegen illegale Anbieter nicht möglich zu sein.“ Völlig richtig. Wenn es doch nur dabei geblieben wäre!

Aussagen fern der Realität

Denn dann kommt es für Kenner der Materie knüppelhart: „Den jeweiligen Lotteriegesellschaften der Länder kommt die gesetzlich festgeschriebene Funktion zu, das natürliche Spielbedürfnis der Bevölkerung unter Beachtung des Spieler- und Jugendschutzes durch ein hinreichend attraktives Angebot in geregelte Bahnen zu lenken.“ Eine Aussage, die fern der Realität steht: Millionen von Glücksspielern in Deutschland zocken doch nicht bei den Lottogesellschaften, sondern auf Internetseiten, die mit Poker, Casinospielen und Sportwetten locken.

Und das mit zunehmender Tendenz wie Studien, Expertenumfragen und Geschäftszahlen von Lottogesellschaften und den privaten Glücksspielanbietern wie Bwin oder Bet-at-home zeigen. Dementsprechend ist das Angebot der Lottogesellschaften schon lange nicht mehr „hinreichend attraktiv“. Da kann das noch so „festgeschrieben“ sein, eine Lenkung zugunsten eines Spieler- und Jugendschutzes können die Lottogesellschaften schon längst nicht mehr allein übernehmen.

Damit aber nicht genug: „Die direkte oder mittelbare Förderung des Sports aus den Reinerträgen der staatlichen Lotterien hat sich seit Jahrzehnten bewährt.“

Lächerlich. So lange die Leute noch genügend Lotto gespielt haben und nicht massenhaft Sportwetten oder Poker war das vielleicht noch so, aber das ist schon lange vorbei. Die Einnahmen aus Lotto sind derart stark geschrumpft, dass sie nicht mehr ausreichen, um den Sport so wie noch vor zehn Jahren zu fördern. Deswegen sollte doch auch der Sportwetten-Markt für private Anbieter geöffnet werden, damit diese dann über Steuern und Abgaben helfen, den Breitensport zu finanzieren!

Positionspapier grenzt an Verleumdung

Und weiter geht’s: „Die Entwicklung des Sportwetten-Marktes in den vergangenen zehn Jahren dient als warnendes Beispiel. So gingen die bundesweiten Spieleinsätze der staatlichen Sportwette ODDSET zwischen 2002 und 2012 um rund 80 Prozent zurück, obwohl der Sektor in diesem Zeitraum stark gewachsen ist. Diese halten sich überwiegend nicht an die in Deutschland geltenden Anforderungen an Jugend- und Spielerschutz und Maßnahmen zur Vermeidung von Begleitkriminalität.“ Das ist schon Verleumdung. Die größten Anbieter wie Bwin, Bet-at-home, Tipico, Admiral Sportwetten und andere investieren seit geraumer Zeit in Spielerschutz, Sozialkonzepte und Manipulationsschutz.

Sie wollen es sich nicht leisten, weiter in die Schmuddel-Ecke gestellt zu werden und als Halb-Illegale schräg angesehen zu werden. Sie wollen von der Gesellschaft als seriös angesehen werden und kämpfen um ihr Image. Nur so können sie noch mehr in der Mitte der Gesellschaft ankommen und mehr Menschen von ihrem Angebot überzeugen. Klar, dass die staatlichen Lottoriegesellschaften etwas dagegen haben. Dass aber die LSB bei solch einer Defamierung mitmachen, ist aus meiner Sicht schwach.

Den nächsten Satz will ich fast schon nicht mehr kommentieren: „Der Vollzug gegenüber Glücksspielanbietern ohne gültige Lizenz muss wirksamer werden.“ Meine Güte! Es gibt doch noch keine Lizenzen! Wie soll es dann einen wirksamen Vollzug geben?!

Eine stümperhafte Image-Kampagne

Vollends durchsichtig, wer dieses Pamphlet, also dieses „Positionspapier“ angestrengt und ausformuliert hat, wird es dann im folgenden Abschnitt:

Seitens der kommerziellen, oft börsennotierten Glücksspielanbieter besteht kein Interesse an einer Förderung des Gemeinwohls im Allgemeinen bzw. des Breitensports im Speziellen. Sie haben vor allem ein Ziel: Geld verdienen für ihre Anteilseigner, möglichst hohe Renditen erzielen.

Im Lotteriemarkt darf sich daher eine ähnliche Entwicklung wie bei den Sportwetten keinesfalls wiederholen. Dies verträgt sich nicht mit der Förderung gemeinwohldienlicher Zwecke. Ihr Engagement im Bereich des Sports beschränkt sich fast ausnahmslos auf den image- und werbeträchtigen Bereich des Sponsorings des Spitzensports. Der Breitensport und damit die Masse an Menschen gehen leer aus.

Der Glücksspielmarkt darf nicht weiter kommerzialisiert werden

Im Lotteriemarkt darf sich daher eine ähnliche Entwicklung wie bei den Sportwetten keinesfalls wiederholen.

Kommerzielle Anbieter haben den weit größeren und deutlich margenträchtigeren deutschen Lotteriesektor schon seit längerer Zeit im Visier. Sie arbeiten insbesondere auf europäischer Ebene gezielt an einer vollständigen Kommerzialisierung des gesamten Glücksspielsektors. Private Anbieter würden die bisherige Rolle der staatlichen Lotteriegesellschaften in der Gemeinwohlförderung keinesfalls einnehmen, sondern die Mittel analog zum Sportwettensektor privatisieren. Dies würde den Verlust der Einnahmen zur Förderung des Sports und des Gemeinwohls bedeuten.“

Dazu nur so viel: Die privaten Anbieter müssen tatsächlich gar kein Interesse am Gemeinwohl haben – auch wenn sie dies dann doch immer wieder behaupten. Allerdings ist das auch gar nicht weiter schlimm. Denn wozu kann man denn private Firmen mit Steuern und Abgaben belegen? Eben. Um mit den daraus gewonnen Einnahmen das Gemeinwohl zu unterstützen.

Was soll also diese Aussage in dem Positionspapier? Klarer Fall: Wir, die Lottogesellschaften sind die Guten, die anderen die Bösen. Zockt doch daher bitte bei uns. Noch stümperhafter geht es wohl kaum. Und peinlicher für die Landessportbünde auch nicht. Wäre ich Chef eines privaten Sportwettennabieters, würde ich einen weiten Bogen um jeden LSB machen. Wann werden bloß endlich die Chancen und neuen Möglichkeiten eines privatisierten und in Maßen kontrollierten Glücksspielmarktes erkannt?

(Bildquelle: birgitH / pixelio.de)

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